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Billy Nomates im Interview zu ihrem zweiten Album "Cacti"

Billy Nomates im Interview

Dance the pain away!
Auf der Bühne tanzt Multiinstrumentalistin Billy Nomates zu ihrem beatbetriebenen Synthiepop mit Post-Punk-Biss alles in Grund und Boden. Allerdings nicht, um die fehlende Band mit einer Performance auszugleichen, sondern um zu explodieren.
Billy Nomates (Foto: Eddie Whelan)
Billy Nomates (Foto: Eddie Whelan)

„Ich habe zwei linke Füße“, sagt Billy Nomates, die eigentlich Tor Maries heißt. In Anbetracht ihrer wilden Performances wirkt das glatt gelogen. Bei ihren Konzerten beansprucht die songschreibende Produzentin nur mit Laptop und Mikro bewaffnet die Bühne komplett für sich, springt zu pumpenden Beats, badet in Synthielandschaften und fühlt jeden einzelnen vorher aufgenommenen Ton. „Ich bin keine Tänzerin, aber so kann ich mich in die Musik hineinversetzen und spüren, wo ich mit ihr stehe“, sagt Maries. Damit will sie aber nicht nur sich und das Publikum in Bann ziehen, sondern nutzt die Show auch zur Selbsterhaltung. „Es gibt Mental-Wellness-Apps, die uns beruhigen sollen. Aber das reicht in diesem kapitalistischen Albtraum nicht! Wir brauchen einen Exorzismus, um unsere Gefühle zu verarbeiten – für mich ist das Auftreten ein Weg, diese kathartische Explosion zu erleben.“

Darum geht es auch auf ihrem zweiten Album „Cacti“: die Balance mit sich selbst wiederherzustellen und all jenen Mut zu machen, die sich auch so fühlen. Auch wenn ihre Musik damit kaum weniger zu tun haben könnte, sieht Maries ihr Publikum emotional in der Metal-Community. Unscheinbare Menschen, die in extremen Sounds aufgehen. „Ich fühle das vollkommen. Es mag vielleicht nicht so wirken, aber ich bin echt introvertiert. Manchmal fällt es mir schwer, einen Kaffee zu bestellen, aber auf der Bühne drehe ich durch.“ Ihre rauen Texte haben einen verletzlichen Kern, sagt sie. Das wird nach dem Rundumschlag ihres Debüts gegen Brexit und Schönheitsideale gerade wegen dieser Unverblümtheit auch in neuen Songs wie „Blue Bones (Deathwish)“ immer offensichtlicher. „Es wird zu viel um Depression herumgetanzt. Sag es einfach! Versuch nicht, sowas blumig zu verpacken. Sag, dass es weh tut.“ Nur so kann das sensible Thema auch verstanden werden. „Ich will nicht, dass man alles entschlüsseln muss, manchmal soll man es einfach nur verstehen“, so Maries.

Letztlich begibt sie sich selbst damit trotz panischer Angst vor jeder Show in eine höchst verletzliche Position. Das hat sie schon immer gemacht. Sie ist stur: Am Ende ihrer Zwanziger hatte nämlich niemand Interesse an ihrer Art von Sound, so entschied sich Maries, alles selbst in die Hand zu nehmen. „Besonders in Großbritannien ist man damit eine ziemliche Außenseiterin. Künstler:innen werden von der konservativen Regierung in keiner Weise als wertvoll angesehen. Man muss kämpferisch sein und sich durchsetzen können.“ Ihr Credo damals: „Ich mache es trotzdem, und wenn ich es allein tun muss, dann ist es eben so.“

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