Freitag ist Plattentag – und wir stellen euch wie gewohnt die wichtigsten Neuerscheinungen der Woche vor. Mit Kadavar, Billy Nomates, Peter Doherty, Psychedelic Porn Crumpets, Arm’s Length, The Callous Daoboys, Mhaol, Pelican, Hooveriii, Alex Henry Foster, Ezra Furman, Ekkstacy und Bury Tomorrow.
Freitag ist Plattentag
Album der Woche: Kadavar – “I Just Want To Be A Sound”
Kadavar (Foto: Julius Dettmer)
Mit “I Just Want To Be A Sound” gelingt es Kadavar, ihre in den Jahren seit “For The Dead Travel Fast” erworbenen Kompetenzen in zehn Songs zu gießen, die das Potenzial freilegen, das bislang zum Teil unter Patina und rauschenden Bärten verborgen lag: Kein Song ohne Part oder Melodie, die man begeistert mittrommelt oder hilflos schief mitpfeift.
Der lockere Konzeptalbum-Rahmen findet für viele Themen Platz, doch Resilienz treibt das “Metalhorse” an: Wohin mit sich nach zwei Schicksalsschlägen und der vollen Ladung Misogynie? Auf den Rummelplatz! Die sarkastische Post-Punk-Distanz weicht einem Sound, der brummt vor Leben. Die Folge: ein starkes Billy Nomates-Album – auch mit Band.
“Felt Better Alive” beweist, dass man nicht leiden muss, um kreativ zu werden: Peter Doherty lädt zum Träumen ein und erzählt poetisch von Seefahrten und idyllischen Obstgärten, allerdings auch von profanen Alltagsszenen. Viele Songs sind richtige Kleinode, nur wenige erinnern an düster-beschwipste Titel der Babyshambles.
Zwischen gnadenlosen Heavy-Stoner-Rockern mit stramm galoppierenden Drums, Fuzz, Heaviness, noch mehr Aggressivität, einem Touch Industrial und Britpop-Schlagseite
schwören Psychedelic Porn Crumpets-Fans auf Instagram, dass sie “für Moonman sterben würden”. Was für ein wilder Ritt, welch ein herrliches Chaos, was für eine Platte!
Wenn Arm’s Length ihre mit Astronomie-Metaphern gezeichneten Erzählungen von Generationentrauma, Verlust und Resilienz mit ihren bislang brachialsten Breakdowns unterfüttern, dann ist klar: Sie haben sich ihren Platz am Emo-Tisch redlich verdient:“There’s A Whole World Out There”, aber ein ganzes Universum um sie herum.
The Callous Daoboys – “I Don’t Want To See You In Heaven”
In der Zukunft wartet das pure Chaos. “I Don’t Want To See You In Heaven” spult die Zeit 70 Jahre vor und beantwortet große Fragen absurd und tiefsinnig. Bei den vielen Polyrhythmen kann einem schwindlig werden, doch die Songs bleiben melodieverliebt. Der Überraschungseffekt nutzt sich etwas ab – Highlights gibt es trotzdem.
Täuschend süß, doch bitterernst: Mhaols Debüt “Something Soft” tarnt sich mit Hundevideos und Katzen-Cover, liefert aber elf rohe Riot-Grrrl-Post-Punk-Songs über Angst, Verlust und Feminismus. Zwischen lärmenden Noise und sarkastischen Punchlines zeigt sich eine kompromisslose Auseinandersetzung mit Macht, Trauma und Körper.
Pelican zeigen auf “Flickering Resonance“ eine ungewohnt optimistische Seite ihres sonst so düsteren Sounds. Zwischen wuchtigem Doom, melodiösem Post-Metal und verspielten Gitarren entstehen acht epische Instrumentaltracks. Mit Laurent Schroeder-Lebec klingt die Band zugleich vertraut, kraftvoll und überraschend positiv.
Auf ihrem fünften Album “Manhunter“ präsentieren sich Hooveriii so abwechslungsreich wie nie zuvor. Zwischen Glam, Prog und Classic Rock pendelnd, verbinden sie direkte Garage-Hymnen mit spacigen Ausflügen, Synth-Spielereien und Krautrock-Grooves. 15 Tracks voller Retro-Charme, Spielfreude und überraschenden Wendungen.
Im Sommer 2024 zieht ein schwerer Regensturm vor der Kantine in Köln auf – und auch drinnen herrscht eine bedrohliche Atmosphäre. Auf seinem Livealbum “A Nightfall Ritual“ fängt Alex Henry Foster die angespannte Stimmung ein, mit düsteren Songs, wütenden Schreien und stillen Momenten, die das Publikum in ihren Bann ziehen.
“Goodbye Small Head” ist ein intensives und zutiefst emotionales Album von Ezra Furman, das nach einer schweren Krankheit entstand. In roh und live eingespielten Songs, die zwischen zartem Folk und brachialem Punkrock pendeln, verarbeitet sie Themen wie Schmerz, weibliche Rollenbilder und gesellschaftliche Erwartungen.
Auf “Forever” findet Ekkstacy zwischen verträumten Post-Punk, Slacker-Vibes und verzerrtem Groove zurück zu seiner Experimentierfreude. Weniger überzeugend ist jedoch der Versuch, sich als Singer/Songwriter neu zu erfinden: Die akustisch geprägten Songs wirken blass und der frühere Charme bleibt dabei auf der Strecke.
Bury Tomorrow – “Will You Haunt Me, With That Same Patience”
Bury Tomorrow kämpfen auf “Will You Haunt Me, With That Same Patience” weiterhin mit Frustration und dem Druck des Erfolgs. Ihr achtes Album bietet mit “What If I Burn” zwar große Momente, aber auch Fehltritte – insbesondere bei unpassenden Pop-Anleihen und einer deplatzierten Ballade, die den Metalcore-Sound verwässern.
Im Juni veröffentlicht die Wuppertaler Hardcore-Band Ultrablut ihr Debütalbum “Tja”. Auf der zweiten Vorabsingle “Temu Kobain” schießen sie zu bestem Auf-die-Fresse-Sound gegen selbstverliebte Frontmänner.
Die britische Alternative-Rock-Band Wolf Alice liefert mit ihrer neuen Single “Bloom Baby Bloom” einen ersten Ausblick auf ihr kommendes Album “The Clearing” und überzeugen dabei mit stimmlicher Varianz und einem künstlerischen Musikvideo.