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    The Libertines
    All Quiet On The Eastern Esplanade

    VÖ: 05.04.2024 | Label: EMI/Universal
    Text: | Erschienen in: VISIONS Nr. 372
    Schönheit
    The Libertines - All Quiet On The Eastern Esplanade

    Ist die Zerstörungswut jeglichen vornehmen Stilbewusstseins bei den Libertines in ihrer halbwegs gesetzten Mittvierziger-Variante wieder so ansteckend wie anno dazumal? Ja, allerdings haben die Briten Wege gefunden, sie bekömmlicher zu kanalisieren.

    Man muss gar nicht gehört haben, was die vier Bandmitglieder in den vergangenen Jahren musikalisch fabriziert haben. Ein Blick auf ihre Outfits reicht, um zu erkennen: Sie haben es sich im Dandytum gemütlich eingerichtet – zumindest in dem, was sie dafür halten. Ein gewisses Maß an vermeintlicher Ruhe und Selbstvergewisserung ist ihnen zweifellos zu gönnen, nachdem sie auf ihrem bislang letzten Album „Anthems For Doomed Youth“ 2015 noch emsig versuchten, ihre Straßenköter-Existenz in gradlinigere Pop-Bahnen zu lenken. Neun Jahre später scheint der Druck weg, der Status als Indie-Gottheit trotz des zwei Jahrzehnte zurückliegenden Endes ihrer Hochphase zementiert, und The Libertines lassen sich von unwillkürlicher Inspiration treiben.

    Zwar startet ihr viertes Album „All Quiet On The Eastern Esplanade“ noch mit einem für sie typischen, eingängig rumpelnden Hit namens „Run Run Run“, im weiteren Verlauf treibt sie ihre Assoziationskette aber zu immer wilderen Blüten. Die Songwriting-Versatzstücke reichen von The Smiths („Man With The Melody“) bis zum Lou Reed der 70er („Mustang“). Streicher und Chöre sorgen immer wieder für vernebelt schimmernde Eleganz, und besonders Pete Doherty gefällt sich als Crooner in balladesk gezügeltem Tempo über Barjazz- und Dixieland-Anleihen („Baron’s Claw“). „Merry Old England“ ist ein prägendes Stück, das reflektiert und stürmisch zugleich die poetische Agenda der neuen Libertines und ihre Bewunderung für die Noblesse der späten Arctic Monkeys widerspiegelt. Mit dem rhythmisch permanent stolpernden Garage Rock von „Oh Shit“ oder „Be Young“ lassen sie die Erinnerung an die Pogues um den jüngst verstorbenen Shane MacGowan aufleben: Trotz all des eingestreuten Ornaments sind diese Songs stilistisch nie formvollendet, sie strotzen in ihrer schlichten Schönheit nur so vor Blut, Schweiß und Tränen.

    Ein herrliches Chaos also, das den Libertines gerade deshalb steht, weil sie es in ihrer Karriere sowieso nur selten schafften, den Rhythmus eines Songs von Anfang bis Ende durchzuziehen. Man darf das zurecht kreativ finden, viel wichtiger ist aber: Dieses Album lebt und weist The Libertines den Weg zu einer künstlerisch fruchtbaren Alterskarriere. „All Quiet…“ zeigt, wozu diese Band tatsächlich in der Lage ist, nachdem sie all die akuten Suchtprobleme überwunden hat, die sie von Beginn an hemmten.

    Das steckt drin: Arctic Monkeys, The Clash, The Jam

    weitere Platten

    Anthems For Doomed Youth

    VÖ: 11.09.2015

    The Libertines

    VÖ: 30.08.2004

    Up the Bracket

    VÖ: 21.10.2002