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Interview: Daughter sprechen über Soundtrack zu Videospiel „Life Is Strange: Before The Storm“

Interview: Daughter sprechen über Soundtrack zu Videospiel „Life Is Strange: Before The Storm“
Das Londoner Trio Daughter hat den lang erwarteten Nachfolger zum erfolgreichen Drama-Videospiel „Life Is Strange“ vertont. Im Interview mit VISIONS spricht die Band über die Arbeit an dem Soundtrack, das Zusammenspiel von Musik und Bild und warum „Music From Before The Storm“ nicht ihr drittes Album ist.

Mit „If You Leave“ (2013) und „Not To Disappear“ (2016) hatten Daughter bereits ihr Händchen für hochemotionalen Indie aus melancholischen Balladen voller Weltschmerz bewiesen, der sich zwischen The xx und Lorde bewegt. Musik, die mit feinem Pinsel gemalt wurde und neben den klagenden Gitarren sowie der außergewöhnlichen Stimme Elena Tonras nach dem Folk-beeinflussten ersten Album von einem zunehmend elektronischen Einschlag dominiert wird.

Das Videospiel „Life Is Strange: Before The Storm“, zu dem die Band nun einen Soundtrack produziert hat, handelt von der 16-jährigen Chloe Price, einer rebellischen Teenagerin, die nach dem Tod ihres Vaters keine Gelegenheit auslässt, sich in Schwierigkeiten zu bringen. Sie beginnt eine ungleiche Freundschaft mit Rachel Amber, ein Mädchen, das für den Erfolg gemacht zu sein scheint. „Before The Storm“ spielt drei Jahre vor dem originalen „Life Is Strange“, in dem Rachel als vermisst gemeldet wird. Das Spiel setzt auf emotionale Entscheidungen des Spielers und eine dramatische Handlung.

Im Interview mit unserem Magazin reden Sängerin Elena Tonra und Gitarrist Igor Haefeli über ihren Soundtrack „Music From Before The Storm“, der am 1. September erscheint. Dieser trägt unverkennbar den Fingerabdruck der Engländer, ist jedoch deutlich sphärischer ausgefallen. Einen ersten Vorgeschmack hatte das Trio bereits mit „Burn It Down“ sowie einem Einblick in die Arbeiten zum Soundtrack gegeben.

Ihr habt zum ersten mal einen Score für ein Videospiel geschrieben, der gleichzeitig euer drittes Album darstellt. Wie hat sich die Arbeit an „Music From Before The Storm“ von der an euren früheren Alben unterschieden?

Elena Tonra: Ich glaube, wir haben das sehr ähnlich behandelt. Für den Soundtrack haben wir komplette Tracks gemacht, aber im Gegensatz dazu auch kurze Snippets oder Themen. Es war uns wichtig, sowohl ein ganzes Album zu machen als auch einen Soundtrack.

Igor Haefeli: Ja, es war ähnlich. Es ist aber eher ein Zusatz zu unserem bisherigen Werk, nicht unser drittes Album. Es war anders, weil wir uns daran gewöhnen mussten, für etwas anderes zu schreiben als uns selbst. Es ging darum, aufgeschlossener zu sein und etwas zu erschaffen, das in eine andere Welt als die unsere passt.

Tonra: Es ist trotzdem irgendwie immer noch ein Daughter-Album. Interessanterweise wird es sehr gut zu dem passen, was wir vorher bereits gemacht haben. Der Fokus lag nur deutlich mehr auf dem instrumentalen als dem lyrischen Aspekt der Musik. Ein anderer Stil also, den wir vorher noch nicht ganz erkundet haben. Wir haben in der Vergangenheit Instrumental-Tracks gemacht, aber nicht so viele wie wir hier auf dem Album.

Musik hat großen Einfluss auf den Spieler, wenn er in die Rolle und das Leben der Protagonistin Chloe Price schlüpft. Wie seid ihr mit dieser Verantwortung umgegangen?

Tonra: Chloe war unser Hauptfokus während der Arbeit an dem Soundtrack. Sogar, als wir an den Szenen geschrieben haben, die unabhängig von ihr waren. Als wir das Skript gelesen haben, war sie der Charakter, der uns von Anfang an ansprang. Sie und ihre Persönlichkeit mussten in die Musik übersetzt werden. Da waren wir sehr hartnäckig und haben viel mit dem Team gearbeitet, um die richtige Balance zu finden und die Art von Aggression und Angst, die Chloe auszeichnet, zu treffen. All diese verschiedenen Wesenszüge ihrer Persönlichkeit mussten im Sound wiedererkennbar sein. Sie war definitiv ein großer Einfluss.

Wird Musik generell anders wahrgenommen, wenn sie zum Gesamtkunstwerk eines Spieles oder eines Filmes beiträgt, statt für sich zu stehen?

Haefeli: Ich glaube, das beides funktioniert. Wir haben die Musik natürlich mit der Intention geschrieben, ein Teil des Spiels und der Geschichte zu sein. Gleichzeitig wollten wir aber, dass sie absolut ist. In dem Sinne, dass man nicht unbedingt das Spiel spielen muss, um sie zu hören und zu genießen. Es war schon immer so, aber gerade heutzutage gibt es eine Mixtur verschiedener Kunstformen, was wirklich gut funktioniert, insbesondere bei Filmen, TV-Serien und Videospielen. Bilder und Musik zusammen sind ein kraftvolles emotionales Instrument. Wir haben es sehr genossen, Musik, die wir als etwas Absolutes geschrieben haben, im Kontext von etwas Ganzem zu erleben.

Wie kam es dazu, dass ihr im Vergleich zu Daughter-Alben verstärkt elektronische Sounds für den Soundtrack eingesetzt habt?

Tonra: Ich glaube, wir erschaffen sehr oft das, was uns gerade einfällt. Wir experimentieren aber definitiv mit verschiedenen Sounds. Dieses Album gab uns, was das angeht, eine gewisse Freiheit. Wir haben nach dem besten Weg gesucht, verschiedene Themen und Emotionen zu repräsentieren. Da gibt es tatsächlich mehr elektronische Elemente. Das ist wirklich interessant, denn als wir ins Studio gegangen sind, war da ein Klavier – und wir hatten noch nie eines zur Verfügung. Die meiste Zeit haben wir einfach nur mit Keyboards oder Gitarren in unseren Zimmern aufgenommen. Dadurch, dieses Klavier im Raum zu haben, diesen wunderschönen Freund, haben wir es viel mehr genutzt. Es ist viel mehr Klavier in der Musik, was wir vorher nie erforscht hatten. Das ist also echt aufregend, diese Mixtur von Piano und Elektronik zu haben.

Wie unterscheidet sich „Music From Before The Storm“ in euren Augen von früheren Daughter-Alben?

Tonra: Es gibt viel mehr Instrumental-Tracks und weniger lyrischen Inhalt. Ein paar Songs haben Text und dürften Leuten, die unsere Musik mögen, sehr vertraut sein, wegen des Gesangs. Im Allgemeinen erforschen wir aber die Räume, die wir zwischen den Wörtern erschaffen können, und ich glaube, das ist auch ein wichtiger Teil unseres Sounds. Wenn man meine Stimme weglässt, passiert auch bei unseren früheren Alben sehr viel, das aber nicht ausgesprochen wird. Das war eine tolle Herausforderung für uns, nichts sagen zu müssen, aber trotzdem ein Gefühl rüber zu bringen.

Einige Songs mit Gesang gibt es auf dem Soundtrack trotzdem, etwa „Burn It Down“. Wie sehr habt ihr euch textlich und musikalisch mit den persönlichen Problemen beschäftigt, die Chloe im Spiel hat?

Tonra: Gerade „Burn It Down“ basiert sehr auf der Story und ist direkt von dem Spiel-Skript inspiriert. Das war eher das Schreiben aus der Perspektive von jemand anderem. Bei einigen Stellen auf dem Soundtrack kamen unsere eigenen Erinnerungen, Bedenken und Gefühle aber auch mit heraus. Es gab also sowohl persönliche Reflexionen als auch den Versuch, etwas aus der Perspektive von Chloe zu sagen. Interessanterweise zeigt das ja, dass jeder durch ähnliche emotionale Phasen geht und die gleichen Höhen und Tiefen im Leben hat. Ich denke, das macht uns alle zu Menschen.

„Life Is Strange: Before the Storm“ ist ausschließlich digital für die PlayStation 4, Xbox One und den PC via Steam erhältlich.

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