Allem Anschein nach handelte es sich bei Welcome aus Seattle bislang eher um ein Phantom denn eine Band der Stadt. Zwar findet Welcome erstmals 1993 Erwähnung, doch in den folgenden Jahren gab es nur sporadisch Lebenszeichen, hin und wieder mal eine Single, dafür aber eine erkleckliche Zahl personeller Umbesetzungen und Kollaborationen der jeweils aktuellen Mitglieder mit anderen Bands und Projekten. Und jetzt und unvermutet mit “Sirs” ein Album auf Fat Cat. In klassischer Rockbesetzung haben Jo Claxton (Bass, Gesang), Jon Treneff (Schlagzeug), Pete Brand (Gitarre, Gesang) und Mike Wurn (Gitarre), das derzeitige Welcome-Personal, einen ungeschliffenen Halbedelstein eingespielt, zehn Songs und eine knappe halbe Stunde lang. Besonders großzügig gehen sie mit ihrem Material wahrlich nicht um. Doch das, was sie bieten, hat allenthalben Hand und Fuß. Der stete Wechsel lyrischer Momente, psychedelischen Zerfransens, traumhaft schöner Melodiefragmente und ungehobelter Attacken hält die Spannung; die Songs sind radikal komprimiert und auf Wesentliches reduziert. Unabhängig davon, wie hoch dabei die Anteile bewusster Kalkulation im Gegensatz zum zufällig entstandenen Sound liegen mögen, “Sirs” hinterlässt bei allem Retro-Appeal einen sehr frischen Eindruck.