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    Nick Cave & The Bad Seeds
    Skeleton Tree

    VÖ: 09.09.2016 | Label: Bad Seed/Rough Trade
    Text: Dennis Drögemüller / Florian Schneider | Erschienen in: VISIONS Nr. 283
    Nick Cave & The Bad Seeds - Skeleton Tree

    „Skeleton Tree“ im Vier-Ohren-Test.

    Nick Caves Sohn stürzt von einer Klippe in den Tod – und der Vater und seine Kunst taumeln hinterher. „Skeleton Tree“ spielt sich im emotionalen Niemandsland nach dem Schock ab: Nick Cave funktioniert, aber er hat sich verloren, sucht Anschluss an seine Emotionen. Kein Song spiegelt das so wie „Jesus Alone“, dessen düsterer Effekt-Loop keinen Anfang und kein Ende zu haben scheint, und den Caves apokalyptischer Sprechgesang nur leidlich strukturiert. „Girl In Amber“ könnte man mit seinen freundlich schimmernden Synthies noch für einen Outtake des ätherischen „Push The Sky Away“ halten – bis Cave sich brüchig und wie betäubt einen so niederschmetternden Text über den davondriftenden Sohn abringt, dass ihn die Bad Seeds im Refrain als klagender Engelschor stützen müssen. So formuliert Cave auf meditativen Effekt-Betten seine Seelenqual, mal in Form von schmerzhaft direkten Gospels wie „I Need You“, mal in Avantgarde-Stücken wie der spirituellen Erdanrufung „Anthrocene“, mal in Bewusstseinsstrom-Reflexionen wie „Magneto“. „I love, you love/ I laugh, you laugh/ I’m sawn in half“, singt Cave dort, die Worte lappen über die Taktgrenzen – erstmals lässt der Poet unperfekte Sätze stehen, weil die Sprache dem Erlebten ja doch nicht gerecht wird. Ab dem pastoralen Duett „Distant Sky“ mit Sopranistin Else Torp scheint sich „Skeleton Tree“ aufzulösen, Cave streift die physische Schwere ab und strebt gen Himmel – der einzige Ausweg aus einem so schmerzhaft realen, viel zu nahen, gewaltigen Album.
    10/12 Dennis Drögemüller

    Viel zu nah: Nick Caves Requiem für seinen tödlich verunglückten Sohn ist nur schwer zu ertragen. Tragisch, wie viele Menschen daran teilhaben wollen – „Skeleton Tree“ landete in der Erscheinungswoche auf Platz drei der deutschen Charts. Ist das noch Anteilnahme oder Voyeurismus für Indiefans, die nie zugeben würden, sich am öffentlichen Leben Prominenter zu delektieren? Fest steht, dass Nick Cave für sich selbst keinen anderen Weg sah, sein Seelenheil wenigstens ansatzweise wieder herzustellen, als weiter mit dem zu machen, was ihm schon zigmal in seiner Karriere Halt gegeben hat: Musik. Die Frage ist, ob er das Ergebnis dieser Trauerarbeit unbedingt öffentlich machen muss. Die Zeit heilt alle Wunden, heißt es, und Caves Stottern und Suchen, das Unfertige dieser Songs, wenn etwa der Opener „Jesus Alone“ nach sechs Minuten einfach im Nichts abbricht, hätte vor allem Zeit gebraucht. Zeit, die Dinge besser zu verarbeiten und nicht Songs daraus zu machen, die Caves Schmerzen so offen legen wie klaffende Wunden. In „Girl In Amber“ bringt er beinahe keinen Satz mehr raus, in „Distant Sky“ wähnt man sich als Eindringling auf einer Beerdigung. Man kommt Cave auf „Skeleton Tree“ nah. Unanständig nah. Und da haben wir noch nicht über den begleitenden Film geredet. Aber Distanz – auch zur eigenen Rolle, die Cave auf der Bühne spielt – machte immer schon einen großen Teil des Reizes seiner Kunst aus. Auf „Skeleton Tree“ fallen Inszenierung und Realität so sehr in eins, dass man daran nicht teilnehmen möchte.
    6/12 Florian Schneider

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