Mary Anne's Polar Rig
Makes You Wonder
Text: Juliane Kehr | Erschienen in: VISIONS Nr. 361
Der Opener “Dopamine Detox” mutet an wie ein Freizeitpark, durch den Malin Hofvander und Harald Ingvarsson, die sich den Gesang und die Gitarrenarbeit teilen, mit einem impulsiven, krachigen Gitarrenorkan fegen: Alles schillert und blinkt zwar, ein paar Melodie-Karussells drehen sich im Leerlauf, aber inhaltlich ist aus Spaß längst Zwang geworden, ähnlich wie in Wet Legs Social-Media-Kritik “Oh No”. Zahmer klingt das folgende “Summer Girl”, das mit seinen schiefgelagerten Zuckerschockmelodien an den verdrehten Indierock von Penelope Isles andockt. Auch in den Texten schlägt sich dieser Übergang von süß nach bitter nieder, wenn Hofvander singt: “I’m your summer girl cause I’m a girl in the summer sun/ Watch me sweat til I pass out.” “It Goes” stellt mit Lucy Dacus-Anleihen den ruhigsten Song der Platte, der im hinteren Drittel dann dem Noise erliegt und in das eklektische “Vem Bryr Sig” (übersetzt: Wen interessiert’s) überleitet. “The Way That I’m Feeling” klingt auf tragikomische Weise wie ein kranker Duracell-Hase im Schlusssprint und bei “Life In The City” formt das innere Auge zum gediegenen Gesang Bilder von verschwommenen Lichtern, die sich in dreckigen Pfützen am Straßenrand spiegeln. Besser hätten Mary Anne’s Polar Rig ihr Urlaubsgeld nicht anlegen können.
Das steckt drin: The Joy Formidable, Penelope Isles, Wet Leg