Liza Anne
Fine But Dying
Text: Jonathan Schütz
Schon der Titel “Fine But Dying” ist smart gewählt und löst ein Unbehagen aus, das sich durch alle elf Songs zieht. Etwa im Opener “Paranoia”, wo Odachowski von ihren Schlafstörungen singt und sich wünscht, normal zu sein. Das gipfelt nach dem ersten, wunderbar melancholischen Refrain in verzerrten Gitarren, die symbolisch für ihr Leiden stehen. “Small Talks” wildert im Indierock und zeigt oberflächlichen Konversationen den Mittelfinger in Samthandschuhen. Zerbrechlich wirkt die US-Künstlerin in “Panic Attack”, wenn sie sich zuerst den Schmerz von der Seele singt, nur um schließlich zusammenzusacken. Eine der großen Stärken des Albums ist die Experimentierfreude von Odachowski. So gestaltet sich die erste Hälfte in “Turn For The Worse” wehmutsvoll beschwingt, bevor der Song in sich zusammenfällt und nach einem behutsamen Wiederbelebungsversuch in einem post-rockigen Finale gipfelt. Für die brutale Ehrlichkeit in “Get By” möchte man sie in die Arme schließen, nur um im anschließenden “I Love You, But I Need Another Year” vor Ehrfurcht niederzuknien. Der Song erinnert mit seinem eingängigen Refrain und der Explosion in der Bridge an Lana Del Reys “Young And Beautiful” und gehört damit in jedes Radioprogramm mit Qualität. Sollte in der Rotation noch Platz sein, empfiehlt sich zudem das Julien-Baker-artige “Im Tired, Youre Lonely”, das Odachowskis Album traurig beendet. “Fine But Dying” reizt die Möglichkeiten melancholischer Singer/Songwriter-Musik maximal aus.