Isolation Berlin
Electronic Babies
„Ich bin ja selber so ein Arsch“, singt Tobias Bamborschke im Opener. Zum Glück sei ihm das noch eingefallen, denn fast hätte er Lieder über Liebe und Frieden mit „hoch erhobenem Finger“ verfasst. Dabei hasst der Gitarrist und Texter von Isolation Berlin Musik, die moralisiert.
In seinen Lyrics skizziert er oft lieber Charaktere, die nicht immer sympathisch wirken. Gerade das ist sympathisch. Denn so wird antizipiert, dass kein Mensch perfekt ist. Das stilistisch an Element Of Crime erinnernde und auf einen Roman von Fallada anspielende Stück “Der Trinker” ist dafür ein gutes Beispiel: Das lyrische Ich empfindet Schuldgefühle und versackt in Kneipen. Man empfindet Mitleid mit dieser unglücklich verliebten Figur, auch wenn sie wohl schon ein Arsch ist.
Doch es gibt nicht nur Selbstekel und Melancholie. Im melodischen “Verliebt in dieses Lied” denkt Bamborschke an seine Kindheit und Gefühle von Geborgenheit. Es geht um eine Ära, als MTV noch groß und Musik nur auf physischen Tonträgern verfügbar war. Zudem ist eine Freundschaft Thema, die Beweis war, „dass sich zu leben lohnt“. Das sind Zeilen, die man von ihm nicht erwartet hätte. In “Ratte” widmet sich Bamborschke Einsamkeit und ruft den Außenseiter*innen der Welt zu: „Es gibt Millionen von uns.“ Wie wahr. Bands wie Isolation Berlin gibt es aber nur sehr wenige.
Das steckt drin: Tristan Brusch, Element Of Crime, Milliarden
weitere Platten
Geheimnis
VÖ: 08.10.2021