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    Hell
    NY Muscle

    VÖ: 10.11.2003 | Label: Motor/Universal
    9 / 12

    4-Ohren-Test

    Dreckiger als der Schmutz unter deinem Fingernagel. So fies, direkt und duster wie Elektronik-Musik nur sein kann. Hell hat’s geschafft: Er ist Mensch gewordenes Multitasking. Ein internationaler DJ-Superstar mit einem global gefeierten eigenen Label – ‘International Deejay Gigolos’ – auf dem er mit Künstlern wie Fischerspooner, Miss Kittin oder David Caretta quasi im Alleingang den Electro-Hype losgetreten hat. Nun, fünf Jahre nach seinem letzten Brocken “Munich Machine”, sein drittes Soloalbum. Es erzählt vom “NY Muscle”, dem Muskel, der nur in dieser Stadt aktiviert wird, weil das Leben schneller läuft. Dort entstand das Album, oder besser: das Monster. Den letzten Winter verbrachte er dort, hing mit Typen wie P.Diddy rum, lauschte Aufnahmen großer Black Panther-Aktivisten und brachte Freunde aus Chicago zum Schreien wie am Spieß. All das findet sich wieder auf “NY Muscle”, das so dermaßen ‘cutting edge’ ist, so schwarz, punky, funky und fies, dass man den Underground förmlich riecht. “Fucked-up Dancemusic” nennt Hell sein eigenes Oeuvre, und bei Josefs Maria: Fucked up ist das allemal. Es ist aggressiv, brutal, verstörend und wahnsinnig dreckig. Nicht der Hauch von Wohlklang, nur Krach, Schmutz und Staub. Dabei ist seine Musik inzwischen songorientierter, hantiert mit Gastvokalisten (darunter: Suicide-Denker Alan Vega und Erlend Oye), gönnt sich traditionelle Strukturen – aber nur, um sie anschließend umso radikaler wieder aufzubrechen. Einzigartig. Und innovativ wie Hölle.

    Sascha Krüger 9

    Was finden nur alle an diesem dröge durch den Wald stampfenden Techno-Knöpfchendreher aus Traunstein? Und warum, zum Henker, kommt einem das Info mit dem unschuldigen Franz Kafka?! Sogar sonst durchaus mit Geschmack gesegnete Menschen geraten in Verzückung ob des diesmal in der amerikanischen Fremde zusammen gestoppelten, ach so avantgardistisch-subversiven Halbleiter-Gebollers. Mein mit Sicherheit letzter Selbstbekehrungsversuch sah etwa folgendermaßen aus: Sechs Red Bull in mich reingeschüttet. Die Begriffe “Dezenz” und “Melodie” aus dem Hirn verbannt. Zur Einstimmung noch kurz den nächsten ‘H&M‘-Shop geentert. Zeitgeistbrille auf, dann los. Der Anfang ergeht sich in nettem Zwitschern und Zwirbeln, was zunächst ein debiles Lächeln über mein Gesicht schickt. Doch dann wirft Herr Hell seine geliebte Four-to-the-Floor-Deppen-Beatbox an – und aus ist’s mit der guten Laune. Statt Inspiration regiert Degeneration, versucht sich die bayrische Rave-Tröte mit billig flackerndem Effekt-Tand und enervierendem Gegröle wichtig zu tun, etwa in “Listen To The Hiss” oder “Tragic Picture Show”. Bei “Follow You” genügt ihm dann gar eine geschändete Telespiel-Konsole nebst etwas Bumms-Klatsch, bevor die Achtminuten-Streckbank “Let No Man Jack” einfach nur noch aggressiv macht mit ihrem prollig verzerrten Gekreische. Sorry, aber das ist Musik wie von der Geschlossenen. Aushilfs-Grusel für die “O2 can do”-Generation. Mich schwindelt. Wahrscheinlich hab ich das ja alles nur nicht verstanden. Wurscht. Zur Hölle damit.

    Patrick Großmann 2