Dass Fantômas Musikmachen für sich definieren, ist bekannt. Auch beim vierten Album der Superavantgardisten um Mike Patton liegt der Ansatz jenseits handelsüblicher Rocksongs. Die gruselig-ruhige Schockstimmung des Vorgängers ist verdrängt. „Suspended Animation“ erhält seinen Halt vom niedlichen Wahnsinn japanischer Comic-Kunst. Durch Einteilung in 30 Stücke – jedes steht für einen Apriltag – bekommen die Nummern Kontur, stellen in anderthalb bis drei Minuten die Realität auf den Kopf. Es sind abscheulich-faszinierende Adrenalinpumpen, kristallisierte Wutinjektionen, die in tausend Farben schillern und vorpreschen. Wie Irre auf Speed stürzen sie hinab, reißen den Hörer mit, schütteln ihn durch, schreien ihn an, plagen ihn mit Drohungen. Die netten Comicfigürchen reißen ihr Maul auf und fletschen zweimal drei Reihen Rasierklingenzähne. Statt als Spieluhr vom Babybett zu baumeln, machen sie den Chucky. Und man fragt sich: In welcher Seelentiefe angeln Fantômas? Wie kann die Band dieses hervorgeholte Chaos kontrollieren? Mechanisches Puppenlachen zwischen Schlagzeuganfällen, Quietschgeräusche, Handclaps, Telefontuten und Glockenspieltöne vor Metalgitarren und schwarzer Leere. Luftiges Harfen-Flimmern und leierndes Videospiel-Gedudel inmitten eines Haufens kunstvoll modellierten Trashs – so klingt der Soundtrack zu „04/08/05 Friday“ und Co. – man mag ihn hassen oder lieben. „Suspended Animation“ ist ein interessantes und gnadenloses Psycho-Kunstwerk dessen Ergründung Atem fordert. In einer limitierten Auflage von 25.000 erscheint das Album übrigens mit einem Kalender des japanischen Malers Yoshitomo Nara.
