Boxhamsters
Demut & Elite

Vier Jahre ist es her, dass „Saugschmerle“, das letzte Boxhamsters-Album, erschien. Doch kein Grund, sich Sorgen zu machen: Diese Herren haben es aufgegeben, sich ums Aufgeben zu scheren. Wäre auch zu schade, hat die Band doch längst ihre eigene Sprache gefunden und ihren Perlenstatus im Sauhaufen bewiesen. Punk ist hier lediglich diffuses Sozialisationsmerkmal und somit Teil des Weges, musikalisch hat man damit nicht wirklich viel gemein. Dies sind keine vertonten Straßenschlachten, keine zu Musik geschmolzenen Pflastersteine. Stattdessen: Vielseitiger und zackiger Gitarrenrock, der am Kragen packt – Johnny Marr wäre stolz, wie und von wem sein Erbe verwaltet wird. Auch Sänger Co hat inzwischen eine ganz eigene Art zu singen entwickelt, mit der die Boxhamsters stehen und fallen. Immerhin wird einem so mal wieder klar, dass ‚düster‘ nicht gleich ‚gothic‘ bedeuten muss. „Schau dich nur um wie viele Menschen dir die Hände reichen“, heißt es in der furiosen Eröffnung „Beende deine Jugend“. Ja, wie viele denn? Alle? Keiner? Die Frage ist gestellt, die Antwort muss der Hörer bringen. Die Boxhamsters servieren kein Essen, sondern zeigen, wo die Zutaten sind. Da passt es ins Bild, dass das konkreteste Lied auch das schwächste ist: „Winnetou IV“ widmet sich klaren Feindbildern (Amerika, Popkultur), bedient sich dabei aber mit seiner plakativen Art direkt im Waffenarsenal des Gegners. So einfach ist die Welt nicht mal für Besserwisser, und die Rolle, die die Band hier annimmt, ist mehr Elite als alles andere – da hilft auch kein Verweis auf eventuell vorhandene Ironie und das Spiel mit dem Genre. „Amanita“ hingegen ist ein dramatisches Monster von Lied, mit großem Maul und scharfen Krallen, doch tief drinnen steckt ein zarter Kern, ein Quasimodo, der doch nur unter Menschen und in den Arm genommen werden will. Es stimmt: Alkohol ist keine Lösung, genauso wenig wie die Fremdenlegion („Dien Bien Phú“). Und dennoch werden die Menschen immer saufen, und dennoch wird es immer Söldner geben. Ist aber noch lange kein Grund aufzugeben. Das wissen wir, das wissen die Boxhamsters. Eine Platte wie Rettungsfolie: knisternd und schwer zu entfalten. Doch richtig angewandt hält sie warm, bis der Arzt kommt.