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    Amenra
    De Doorn

    VÖ: 25.06.2021 | Label: Relapse/Membran
    Text:
    Platte des Monats
    Amenra - De Doorn

    Seit 21 Jahren sind Amenra Meister darin, Leid zu vertonen. „De Doorn“ setzt der Ära ihrer „Mass“-Alben ein Ende, dem zugleich der Mut zum Neuanfang innewohnt. Besondere Unterstützung erhält die Band dabei aus ihrem Künstlerkollektiv Church Of Ra – denn Schmerz kann auch eine mächtige Verbindung sein.

    Das Wort „Katharsis“ stammt ursprünglich aus dem Kontext des antiken Theaters und bezeichnet die reinigende Wirkung, die Zuschauer durch das Mitfühlen und -leiden mit den Figuren auf der Bühne erleben können. Ein Effekt, der Amenra-Fans nicht nur von Konzerten der Band bekannt ist. Die „Mass“-Reihe, an der die Band von 2003 bis 2017 arbeitete, besteht aus großangelegten Reinigungsritualen im Audioformat, die zwischen erdrückender Post-Metal-Wucht, repetitiven Strukturen und Sänger Colin H. van Eeckhouts schmerzstarrendem Kreischen keinen Raum für emotionalen Mindestabstand lassen. Schon die Albumtitel demonstrieren dabei, dass die Band die Wirkung von Ritualen schätzt, was auch bei Konzerten effektvoll genutzt wird – zuletzt 2019, als das Quintett in Ghent und Menen zwei großangelegte Kunstaktionen ins Leben rief. Während beim ersten dieser „Fire Rituals“ etwa die niedergeschriebenen Verlusterfahrungen des Publikums in Rauch aufgingen, fingen Amenra die besondere Stimmung mit den Songs von „De Doorn“ ein.

    Trotz des Bruchs mit der „Mass“-Reihe schlägt Amenras sechstes Album („Mass II“ ist eine EP) eine Richtung ein, die auf „Mass VI“ schon vorsichtig angedeutet war: Der Schmerz ist nicht mehr form- und grenzenlos wie auf den vorangegangenen LPs, sondern erhält gerade durch die ruhigeren Passagen unerwartet Tiefenschärfe. „Ogentroost“ eröffnet die Platte mit einem außerweltlichen, an die Atmosphäre-Meister Cult Of Luna erinnernden Intro, und „Voor Immer“ beschließt sie mit Eeckhouts nackter Stimme, die erst nach acht Minuten von der heilsamen Zerstörung einer Wall-of-Sound fortgerissen wird. Dazwischen zeichnet „De Doorn“ ein Panorama aus feinsten Stimmungsnuancen, die Amenra bislang nicht einmal auf der Akustik-EP „Afterlife“ gekonnter ausgestellt haben. „De Doorn“ setzt auf die Wirkung von Kontrasten, ohne dabei jemals in die Nähe gängiger „Die Schöne und das Biest“-Klischees zu geraten.

    Caro Tanghe von Oathbreaker klagt und wispert, knurrt und growlt als integraler Bestandteil des Projekts gleichberechtigt mit Van Eeckhout und demonstriert dabei eindrücklicher denn je, warum sie als eine der spannendsten Stimmen der lebendigen Benelux-Szene gilt. Wie ihr Kollege singt auch sie ausschließlich in ihrer Muttersprache Flämisch, was etwa dem Spoken-Word-Stück „De Dood En Bloei“ eine besondere, eindringliche Ehrlichkeit und Poesie verleiht. Wie die sakralen Symbole, die Amenra seit jeher rund um ihre Musik drapieren, werden so auch die düsteren Songtexte auf dem Boden des menschlichen Hier und Jetzt verankert. Und genau dort entfaltet „De Doorn“ seine größte Stärke: Denn nicht mehr das Leiden selbst, sondern mehr die Universalität von schmerzlichen Erfahrungen und das Mitleid mit dem Evenman (Mitmensch) sprechen hier machtvoll aus der Musik. „Ik verlies me in het vuur/ elk uur het grote Lijden tegemoet te voet“ heißt es im monumentalen „De Evenmens“. „De Doorns“ Feuer verschlingt – aber es reinigt auch und bereitet den Boden für etwas, das selbst einem so großen Wort wie Hoffnung gerecht wird.

    weitere Platten

    De Doorn (Alternate Mix)

    VÖ: 21.01.2022

    Mass VI

    VÖ: 20.10.2017

    Alive

    VÖ: 15.04.2016

    Mass V

    VÖ: 30.11.2012