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    Drangsal
    Exit Strategy

    VÖ: 27.08.2021 | Label: Caroline/Universal
    Text:
    Drangsal - Exit Strategy

    Das Post-Punk-Wunder Drangsal ist endgültig passé: Mit New-Wave-Pop jenseits von Geschmacksgrenzen und distanzlosen Texten über brechende Herzen und Nasen erfühlt Max Gruber seinen Platz in der Welt.

    Dieses Suchen hat er selbst prophezeit: „Wo man mich vermutet/ Stehe ich schon lange nicht mehr“, hieß es in „Und Du?“ – Vol. II“ auf dem Vorgängeralbum „Zores“. Und nun schließt die „Escape Fantasy“ zu Beginn der neuen Platte nahtlos daran an: „Hab ich das gesagt?/ Ist mir längst egal/ Oh Baby, ich weiß doch gar nicht, wer ich bin.“ Andere waren sich da sicherer: Für „Harieschaim“ (2016) und insbesondere den Hit „Allan Align“ hat man Drangsal zum Post-Punk-Prinzen ausrufen wollen, ihn nach „Zores“ (2018) für die aufbrechenden Widersprüche zwischen Herz-Kitsch-Pop und unangepasster Direktheit gepriesen. Mit dem dritten Album stellt sich Gruber – identisch mit der Künstler-Persona Drangsal, sagt der Musiker – nun infrage, blickt auf dem Cover auf den impulsiven Dämon in sich. Musikalisch fällt dieses Selbstzweifeln weiterhin eigenwillig eingängig aus: An der Oberfläche füttert Gruber seinen Pop flächendeckend noch mehr mit der glatten Seite des 80er-New-Wave an, darunter streut er Deutschrock, Cobain-Gitarren und Kirmes-Synthies ein, legt eine sexuelle Sinnlichkeit und adoleszente Sehnsucht in die Stücke, nur um diese mit frontalen Textzeilen zu brechen – „Ich wünsch‘ mir Brüche im Gefüge/ Und Liebe ohne Lüge/ Feuertaufen/ Koma-saufen“ formuliert er sein in alle Richtungen züngelndes inneres Feuer in Urlaub von mir. Solch hemmungslose Selbstbespiegelungen, mittlerweile ausschließlich auf Deutsch, machen den Großteil von „Exit Strategy“ aus. So auch den tanzbaren Indie-Synthie-Smasher „Liedrian“, der eine Liebesbeziehung wie eine toxische Gewaltfantasie erzählt, aber wohl bloß das schmutzige Wälzen mit dem teuflischen Narziss vom Albumcover plastisch macht. Manchmal geht es auch um die anderen, in „Mädchen sind die schönsten Jungs“ feiert der bisexuelle Gruber die Schönheit jenseits binärer Geschlechterzwänge. Oft aber wirkt das Du aus Songs wie der lebensmüden Dancefloor-Peitsche „Rot“, der Kopfstimmen-Instagram-Entzauberung „Ich bin nicht so schön wie du“ oder dem Gothrock-Bombast-Rave „Ein Lied geht nie kaputt“ lediglich wie eine weitere Facette des chimären Gruber-Ichs. Wer es auch mal richtig verkitscht und dabei auf disruptive Art selbstentblößend mag, wird Songs wie das zwischen Pop-Punk-Chören, Farin-Urlaub-Stimme und Saxofon herausgeschmachtete Schnuckel lieben. Wer sehr feste Vorstellungen von cool und uncool hat, hält besser Sicherheitsabstand.

    weitere Platten

    Zores

    VÖ: 27.04.2018

    Harieschaim

    VÖ: 22.04.2016