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    Gojira
    Fortitude

    VÖ: 30.04.2021 | Label: Roadrunner/Warner
    Text:
    Platte des Monats
    Gojira - Fortitude

    Gojira haben über zwanzig Jahre nicht lockergelassen, jetzt nehmen sie mit einer mustergültigen Metal-Wundertüte ihren Platz an der Genre-Spitze ein. Djent darf zur Feier auf die Hüpfburg, Death Metal nochmal zu den Pyramiden, Prog ins Taschenformat und ein wenig Hoffnung zur Wut in den Bauch.

    Joe Duplantier blickt dem Angstgegner direkt nochmal ins Gesicht: „Born For One Thing“ heißt der erste Song, und folgt man seiner Logik, werden wir in erster Linie geboren, um uns der Urangst vor dem Tod zu stellen. Eine ernüchternde Sicht, die an den fünf Jahre alten Vorgänger „Magma“ erinnert. Dort verarbeiten der Frontmann und sein hinter dem Schlagzeug sitzender Bruder Mario den Tod ihrer Mutter, rücken ihren eigentlich eher technischen Death-Metal-Sound noch weiter in Richtung düsteren Post-Metals. Dass Atmosphäre und Melodien dabei plötzlich wichtiger sind als Mähdrescherriffs, dürfte mancher Fan erst jetzt voll realisieren.

    „Fortitude“ geht den Weg nämlich weiter, besagter Opener „Born For One Thing“ wäscht aber demonstrativ den Grauschleier aus dem Sound, so dass die darunter liegenden Möglichkeiten strahlend zu Tage treten. Duplantier legt ein Riff vor, als würden gleich Rage Against The Machine einstimmen, dann preschen Gojira aber besinnungslos voran wie Sepultura Mitte der 90er, drehen zwischendurch ein paar Runden auf dem Djent-Karussell und münden in einen erhabenen Breakdown. Ein triumphales Finale, in dem sich der Geist des folgenden Albums spiegelt. Statt unter dem Druck von Headliner-Shows, Grammy-Nominierungen und Metallica-Lob die Nerven zu verlieren wie so viele andere Bands, denen die Puste im Rampenlicht ausgeht, kostet das Quartett den Augenblick voll aus. Ein wenig Wonne findet neben der Genre-üblichen Schwarzmalerei sogar Eingang in die Texte, „Hold On“ macht diese Reibung besonders produktiv: Wo Duplantier Durchhaltevermögen in den Mühlen des Alltags fordert, behauptet sich analog sein federleichter Harmoniegesang gegen basslastige Schwermut.

    Labelt man Gojira heute als Prog, meint das eher weniger ausgestellte Technik als die gekonnte Montage solcher, heterogener Teile zu einer stringenten Erzählung. Dabei erschließen sie auch neue Stile, die denkbar wenig mit Prog zu tun haben, allen voran die Tribal-Metal-Überraschung „Amazonia“. Die anfängliche Sepultura-Assoziation buchstabiert die Band hier mit Maultrommel, donnerndem Schlagzeug, hüpfbaren Riffs und plakativer Ökobotschaft aus, ohne sich oder die Vorlage der Lächerlichkeit preiszugeben. „Amazonia“ ist wie alles auf „Fortitude“ weit mehr als ein ausgefülltes Klischee, egal, ob es sich um die schwarzmetallischen Riff-Kaskaden von „Into The Storm“ oder das vielgliedrige, an die späten Metallica erinnernde „New Found“ handelt. Selbst das sanfte Doppel aus dem Auftakt-artigen, akustischen Titelsong und seiner vor Grandezza strotzenden Folk-Rock-Fortsetzung „The Chant“ gelingt. Weil „Sphinx“ im Anschluss der Death-Metal-Fraktion die Hand zur Versöhnung reicht, müsste der Stil-Exkurs eigentlich wie ein Fremdkörper wirken, aber im Gegenteil: Er ist das Herzstück dieses Albums. Genau darin liegt seine Magie: Natürlich haben Gojira viel Arbeit in jedes Detail vom elaborierten Songwriting bis zum punktgenauen Sound gesteckt. „Fortitude“ lässt diese Mühe aber absolut mühelos erscheinen.

    weitere Platten

    Magma

    VÖ: 17.06.2016

    L'Enfant Sauvage

    VÖ: 22.06.2012

    The Way Of All Flesh

    VÖ: 10.10.2009