Earth Crisis
Slither

Eine einstmals innovative Band, die für viele Entwicklungen im 90s-Hardcore mitverantwortlich war, stellt sich jetzt in der ‘New Metal’-Schlange an – ohne sich wirklich vor zu drängeln.

„Breed The Killers“, das letzte, 1998 auf ‘Roadrunner’ erschienene Earth Crisis-Album, zeigte die Band in der Klemme der Orientierungslosigkeit: Der (musikalische) Innovationswille, die alten und zu eng gewordenen New School-HC-Zwänge über Bord zu werfen, mündete in Zwittersongs, die im kartenlosen Niemandsland zwischen Wollen und Nichtkönnen bzw. -trauen das Sperrfeuer zu spüren bekamen. Jetzt sind sie wieder bei ihrer alten Labelheimat ‘Victory’ angedockt, haben sich endlich entschieden, an welcher der Aggro-Mautstellen sie ihren Wegezoll errichten – und dabei einen astreinen Treppenwitz abgeliefert. Denn ausgerechnet jetzt, nachdem ihnen ‘Roadrunner’ die Tür von innen zugeworfen hat, klingen sie mehr denn je nach dem modernen Metal-Sound, den dieses Label repräsentiert. Schon der sphärisch-schwebende Refrain des eröffnenden Titelsongs „Slither“ gemahnt an Fear Factory, während sich der Rest des Songs an eine Melange aus Bio-Bounce und Soulfly-Wucht wagt. Karl Buechner hat singen gelernt, keine Frage. Variabel im Wechselspiel zwischen Gekeife und Melodien, die stellenweise verteufelt an den Band-Förderer Ozzy erinnern, passt sich sein Gesang kraftvoll an die dynamischen und höchst modern produzierten Pendel-Arrangements an. Heraus kommt ein stellenweise („Killing Brain Cells“, „Agress“) durchaus überzeugendes Album, das man der Band so nicht mehr zutrauen konnte. Ob die (anvisierten?) eher spaßfixierten New Metal-Kids den inhaltlichen Ultra-Dogmatismus der Band goutieren, ist die eine Frage, was die alten Fans von der (immerhin unpeinlichen) Neubesinnung halten, die andere.