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    Azusa
    Heavy Yoke

    VÖ: 16.11.2018 | Label: Indie/Plastic Head/Soulfood
    Text:
    Platte des Monats
    Azusa - Heavy Yoke

    Gehen eine Indie-Pop-Sängerin, ein Mathcore-Bassist und zwei Prog-Death-Metaller in einen Proberaum… Azusa schaffen statt eines schlechten Witzes den vielleicht spannendsten Kontrast des Jahres.

    Auf dem Papier ist der nicht zu machen: Mit The-Dillinger-Escape-Plan-Bassist Liam Wilson sowie dem (Ex-)Gitarristen und Schlagzeuger von den christlichen Extrem-Metallern Extol steht Sängerin Eleni Zafiriadou einer geballten instrumentalen Wucht gegenüber, die sie unmöglich bändigen kann – schließlich war die weibliche Hälfte des Ehegatten-Duos Sea + Air bisher eher mit kuscheligem, aufgewecktem oder geisterhaftem Indiepop aufgefallen. Die Überraschung hat das Azusa-Debüt „Heavy Yoke“ also auf seiner Seite: Zafiriadou brüllt sich zu Mathcore-Tech-Thrash-Mash-ups die Kehle aus dem Leib, gibt die Dompteurin und Exorzistin eines nervenzerrenden Sounds, dem sie nicht nur gewachsen ist, sondern den sie anführt. Gleichzeitig fällt sie immer wieder in hymnische Post-Metal-Passagen, hält inne, schwingt sich zu großem, entrücktem Melodiegesang auf. „Heavy Yoke“ lebt nicht bloß von diesem Kontrast, sondern auch von der Intensität, mit der dieser kommt: Im Opener „Interstellar Islands“ bricht unmittelbar der Mathcore-Galopp los, nach zehn Sekunden folgt Sirenengesang, nach 30 blutrünstiges Gebrüll, nach 40 dunkel dräuender Sprechgesang, nach 70 seltsam optimistischer, leicht dissonanter Alternative-Gesang, nach 85 wieder ultrabrutales Geschrei zum Meshuggah-Stakkato-Riffing – das muss man in dieser Dynamik und Unrast erstmal aushalten. Ja, diese Platte ist Arbeit für den Hörer, sie kratzt wieder und wieder am Chaos, wenn Tech-Death-Metal und Mathcore-Explosionen dissonant die Splitter fliegen lassen. Wer die Herausforderung annimmt, dem offenbart sich eine faszinierende, weil unerwartete Symbiose von erbarmungsloser Härte und Verletzlichkeit: „Heart Of Stone“ verständigt sich zwischen Hardcore-Brecher und angejazztem Melodie-Plateau am Ende auf einen Post-Metal-Epilog, im Titeltrack schreit sich Zafiriadou vorne blutig und singt im Background den elegischen, engelhaften Kontrast. „Fine Lines“ legt die große Referenz für die Sängerin offen: Näher ist sie der Meisterleistung von Julie Christmas auf Cult Of Lunas „Mariner“ (2016) nie mehr, zudem schwingt auch dessen bewusstseinsverändernder Space-Trip bei Azusa mit. Parallel evoziert der Song Melissa Auf Der Maurs „Out Of Our Minds“, dessen freudianische Mystik auch „Heavy Yoke“ in seinen ruhigeren Momenten durchzieht. Die kann man bis zum Schluss nie lange genießen, wenngleich ab dem doomigeren „Programmed To Distress“ in der zweiten Albumhälfte die Raserei etwas abnimmt – Zafiriadous Brüllen zum abgehackten, dissonanten Riffing fühlt sich in „Succumb To Sorrow“ immer noch an, als würde man unaufhaltsam in einen Abgrund gesogen. Dass auch die Texte Gegensätze spiritueller und existenzieller Fragen ausloten, bleibt ein Bonus: „Heavy Yoke“ ist zuvorderst ein massiver tonaler Reiz, der die Tür zum Unterbewusstsein weit aufstößt – meisterhaftes Uneasy Listening.

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