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    Marcy Playground
    Shapeshifter

    VÖ: 01.04.2000 | Label: Capitol/EMI
    9 / 12

    4-Ohren-Test

    Ihr lasziv und unwiderstehlich ins Ohr kriechender Hit „Sex & Candy“ dürfte jedem VISIONS-Leser bekannt sein. Viel mehr kam von den drei Jungs allerdings nicht über das große Wasser nach Europa. Dazu war ihr Debütalbum eine viel zu zwiespältige Angelegenheit. Neben echten Highlights gab es nämlich leider auch eine ganze Menge Schatten zu vermelden. Songs, die mit dem von „Sex & Candy“, „Sherry Fraser“ und „One More Suicide“ gesetzten Standard nicht einmal ansatzweise Schritt halten konnten, waren mehr als genug vertreten und hinterließen einen reichlich schalen Nachgeschmack. Dieses Problem hat Sänger, Gitarrist und Songschreiber John Wozniak bei „Shapeshifter“ nun auf wirklich beeindruckende Weise in den Griff bekommen. Es mag zwar diese Mal kein so offensichtlicher Hit auszumachen sein, dafür sind aber alle enthaltenen Stücke – ohne auch nur einen einzigen Ausfall – als sehr ausgereift und konstant gelungen zu bezeichnen. Wosniaks Leistung ist um so erfreulicher, da die (wie schon auf dem Debüt) guten Texte wieder recht skurril aber durchgehend interessant bis amüsant ausgefallen sind. Die langen Tourneen durch die Staaten und die damit verbundenen zahlreichen Möglichkeiten, ihre Songs live zu spielen und zu verbessern, haben dem Trio offensichtlich sehr gut getan. Die Gruppe spielt hervorragend zusammen, ohne jemals in Routine überzugehen oder nicht doch noch die eine oder andere Verschrobenheit einzubauen. Eine sehr angenehme Überraschung.

    Oliver Kube 9

    Wenn ich eine Schwäche für Gitarren-Rock hätte, der im typischen Ami-Rock-Pop-Look Marke früherer Achtziger Jahre-College-Rock daherkommt, und wenn ich von daher Bands wie R.E.M., als sie noch „The One I Love“ oder „Orange Crush“ zelebrierten, gut finden würde, dann würde ich Marcy Playgrounds „Shapeshifter“ sicherlich ganz toll finden. Wenn ich aber alle alten R.E.M.-Scheiben besitzen würde, bestände eigentlich keine Notwendigkeit mehr, mir Marcy Playgrounds „Shapeshifter“ zu kaufen. Dann würde ich mir die beiden Songs „Rebel Sodville“ und „Never“ kopieren, sie auf eine selbsternannte „The Forgotten Songs Of R.E.M.“-CD brennen, und damit wäre die Sache gut gewesen. Denn gerade mit diesen beiden Songs huldigt Marcy Playground-Mastermind John Wozniak der Ami-Supergroup derart, dass sogar seine Stimme zur Michael Stipe-Kopie verkommt. „Shapeshifter“ will alte Zeiten wiederbeleben, neben den Achtzigern werden auch die Sixties und die Seventies musikalisch zitiert, kommt aber nicht über einen Erinnerungswecker hinaus. Statt einer kompletten Reinkarnation gibt es nur Fotos von Vergangenem. Wer dem nachtrauert, kann sich mit „Shapeshifter“ einen knapp fünfzig Minuten währenden Moment lang trösten. Oder seine alten R.E.M.-Scheiben wieder rausholen.

    Ralph Buchbender 5