New York Dolls
Dancing Backward In High Heels

Solange dürfen die Punk-Wegbereiter den Ruhestand gerne noch ein Weilchen hinauszögern. Sicherlich haben es Spötter nicht schwer, den schon vor Jahren in die Jahre gekommenen Rock-Rebellen Lahmarschigkeit und fehlenden Biss vorzuwerfen. Denn wer einmal der Inbegriff einer wilden Rock’n’Roll-Gang war, hat gefälligst für immer jung zu bleiben. Johnny Thunders und der Großteil der Originalbesetzung haben diese Maxime bekanntlich beherzigt, doch Sylvain Sylvain und David Johansen weigern sich beharrlich abzutreten und nehmen sich sogar frech das Recht heraus, der Welt melancholische Reflektionen ihres Daseins vorzutragen. Das gelingt zwar, ohne dabei lächerlich grotesk zu wirken, doch noch mehr wehmütig sentimentale Nummern wie „Kids Like You“ hätten dem fünften Dolls-Album nicht gut getan. So überwiegt zum Glück ein ausgelassener Party-Vibe, und auch den herrlich schlampigen, immer ein wenig neben der Spur scheinenden Groove, der Glamrock erst richtig sexy macht, hat die Band nicht verlernt. Wobei Glam- oder Punkrock schon lange nicht mehr als passende Kategorie taugt, wenn die Dolls querfeldein durch die Musikgeschichte ziehen. Da darf sich gern ein bisschen Swing, Boogie, R&B, Surf, Soul, Folk und Reggae unter den guten alten Blues und Rock’n’Roll mischen. Eine Orgel und ein Saxophon sorgen für die atmosphärischen Akzente, und die nötige Schärfe ergänzt schließlich Natural Born Entertainer Johansen, der sich als gewohnt spitzzüngiger Wortakrobat präsentiert. In dieser Form ist Abschied noch kein Thema.