The Twilight Singers
Dynamite Steps

Es sind Szenen von altmodischer Männlichkeit und latenter Gewalttätigkeit, die es dem Afghan Whigs-Veteranen besonders angetan haben, und vor dem inneren Auge entsteht die Art Film, in dem Mickey Rourke früher mitgewirkt hätte. Auf „Dynamite Steps“ ist das sleazige Reptilien-Image durchaus noch intakt, auch wenn Dulli inzwischen clean ist und aussieht wie ein Elvis-Double, das die ganze Geisterbahn ein bisschen routinierter angeht. Immerhin: Dullis Neo-Western-Texte lesen sich immer noch wie Vorlagen fürs Tattoostudio, und die Filzwürfel hängen nach wie vor am Rückspiegel, während die schwarze Schrottlaube über den Sunset Boulevard kriecht. Im Nachhinein betrachtet engagierten sich die Twilight Singers in ihrer ganzen anachronistischen Größe wahrscheinlich auch schon immer für einen Sonderfrieden zwischen Grunge und Schweinerock, so lange dabei das Licht aus blieb. Die Nachbarschaft zu den Rockdämonen der 80er verheißt schließlich nicht nur Haarspray, sondern auch jede Menge Lack. Als stimmungsvolles Spätwerk eines untoten Freizeitlüstlings punktet „Dynamite Steps“ dabei eher mit Atmosphäre als mit Kohärenz; die Grußkarten kommen nicht mehr alle aus dem Schattenreich. Für „Blackbird and the Fox“ wird sogar Ani DiFranco zum Duett gebeten, und stimmlich kriegt Dulli mittlerweile sowohl Todesschwadron als auch Engelsgesang hin. Sein Geheimnis teilt er einem an zentraler Stelle gleich auch noch mit: „I get lucky sometimes.“