0,00 EUR

Es befinden sich keine Produkte im Warenkorb.

    Lee Hazlewood
    Cake Or Death

    VÖ: 08.12.2006 | Label: Four Music / Sony BMG
    Text: André Bosse
    6 / 12
    Lee Hazlewood - Cake Or Death

    Das letzte Statement eines großen Künstlers, der irgendwann die Balance zwischen Ökonomie und Kreativität verlor.

    Da war mal ein Mann in der Nachbarschaft, dem ich regelmäßig Wasserkisten mitbrachte. In den ersten Jahren gab er mir beim Preis von 4,90 Euro einen Fünfer und sagte, das sei schon in Ordnung. Ich habe das nicht gemocht, weil es gönnerhaft war. Irgendwann – er war sehr alt und krank – ließ er mich die zehn Cent Wechselgeld suchen, und wenn ich sie nicht klein hatte, sagte er so gar nicht gönnerhaft, ich könne sie ja später vorbeibringen. Ich habe dafür den Begriff Altersgeiz gewählt und ihn von der Altersmilde abgegrenzt, die uns ja angeblich umgibt und laut Hellmuth Karasek eh nur existiert, weil sich ältere Menschen halt verdammt Mühe geben müssen, wollen sie noch etwas erreichen im Leben. Hätte ich Lee Hazlewood eine Kiste Wasser nach Las Vegas gebracht, er hätte die zehn Cent auch zurückverlangt – und obendrein noch gefragt, warum ich das Geld auf dem Weg vom Supermarkt angelegt habe. Hazlewood ist der pragmatischste Popmusiker überhaupt. Er verklagt jeden, der ohne zu fragen seine Musik für Filme oder Einspielungen nutzt. Und wenn er jüngere, unabhängige Filmemacher mal gewähren lässt, dann nur, weil er hofft, dass die irgendwann berühmt werden und er kassieren kann. Nun ist Hazlewood 77 Jahre alt und sehr krank. Krebs, unheilbar. Medikamente verlängern sein Leben und stellen die Schmerzen ab. Man könnte nun glauben, sein finales Album „Cake Or Death“ sei eine persönliche Rückschau, ein intensives Werk. Doch Hazlewood denkt anders. Er thematisiert das Ende (im orchestrierten Sprechgesang von „The Old Man“) und singt seine zwei größten Gassenhauer „These Boots“ und „Some Velvet Morning“ noch einmal mit jüngeren Sängerinnen. Letzteres mit der acht Jahre alten Enkelin, freilich gekürzt, denn er wäre verklagt worden, hätte er die kleine Paedra die Drogenreferenzen trällern lassen. „Cake Or Death“ ist keine gönnerhafte Platte. Das ist schon mal gut, denn Hazlewoods Stil (die dunkle Stimme, das große Panorama) hätte dafür hergehalten. Stattdessen will er noch einmal abkassieren – berechnen und beinahe seelenlos. Dafür gibt’s Respekt, denn die Popwelt ist geldgeil und eben nicht anrührend.

    weitere Platten