0,00 EUR

Es befinden sich keine Produkte im Warenkorb.

Startseite » News »

Lieblingssongs 2020: Jan Schwarzkamp

Lieblingssongs 2020: Jan Schwarzkamp
Die VISIONS-Redaktion blickt zurück auf das Musikjahr 2020. Dieses Mal: Die 10 Lieblingssongs von Redakteur Jan Schwarzkamp.

Die ja eigentlich aus Rostock stammenden, aber in Berlin ansässigen Jam-Rocker Coogans Bluff haben früh in diesem Jahr, als die Welt noch eine andere war, ihr tolles Album „Metronopolis“ veröffentlicht. Darauf bleibt die Band sich treu, liefert Songs zwischen Jam- und Krautrock, zwischen Funk und Space-Rock. Mit „Sincerely Yours“ gibt es darauf aber auch eine wunderschöne, Southern-mäßige Halbballade, in der Sänger und Bassist Clemens Marasus über den Tod seines Vaters philosophiert. Aufbauend anstatt runterziehend.

Ein der größten Überraschungen waren für mich in diesem Jahr Hello Forever. Der siebenköpfige, herrlich queere Hippie-Haufen aus dem kalifornischen Topanga ist erst im September aus dem Nichts in mein Leben getreten. Sieben Monate zuvor hatten Hello Forever mit „Whatever It Is“ ihr Debütalbum in Eigenregie veröffentlicht. Das klingt, als hätte eine Southern-Rock-Band zusammen mit den Beach Boys, der Polyphonic Spree und Vampire Weekend ein ultraverspieltes Indie-Pop-Psychedelic-Album aufgenommen. Im September erschien die LP in Europa. Mit dabei ist eine Bonus-Single – und deren B-Seite „I’m Feeling It“ hat es mir richtig angetan. Ich meine: Wie herrlich durchkomponiert und trotzdem alles andere als verkopft kann ein Song sein?

Pünktlich zum Internationalen Weltfrauentag hat die Dänin Rebecca Lou im März „Fight Like A Girl“ ins Netz gestellt. Ein Song, der inhaltlich eine ganze Menge auf den Punkt bringt, mit was für einer Scheiße sich Frauen permanent rumschlagen müssen, weil wir Männer zu dämlich sind, ihnen mit einem vernünftigen Maß an Respekt zu begegnen.

Die famosen Kanadierinnen Nobro bringen seit 2016 einzelne Songs raus, mit „Sick Hustle“ ist in diesem Jahr dann eine fantastische Digital-EP mit vier Stücken erschienen – allesamt Hits: catchy Garage Rock mit Riot-Grrrl-Attitüde und einer satten Portion Extra-Percussion. Der Song, der mir am besten gefällt – und dem Nobro ein super Oldschool-Zeichentrick-Video gewidmet haben -, ist „Don’t Die“.

Songhoy Blues sind eine Desert-Blues-Band aus Timbuktu in Mali. Die haben mit „Optimisme“ in diesem Jahr ihr drittes Album veröffentlicht – und das kann leider nicht gegen die anderen zwei von 2015 und 2017 mithalten. Tatsächlich hat mich der Opener „Badala“ total umgehauen – aber es gibt leider nicht einen weiteren Song dieses Kalibers auf der Platte.

Noch bis zum 1. Januar müssen wir warten, dann gibt es zu The Dirty Nils charmanter Thrash-Metal-Verbeugung „Doom Boy“ endlich das komplette Album. „Fuck Art“ heißt es. Getriggert wurden wir damit seit dem Frühjahr, als das kanadische Power-Trio den ersten von vier Vorab-Songs daraus veröffentlichten. Bei mir drückt die Band immer die richtigen Knöpfe.

Das geht mir bei den kalifornischen Surf-Punk-Garage-Rowdys Fidlar ähnlich. Die haben 2019 ja ihr phänomenal hitlastiges drittes Album „Almost Free“ veröffentlicht. In diesem Jahr haben sie nur mit einem Song tierisch Alarm gemacht. Das Stück „Breaker“ hat es auf den Soundtrack zum superfantastischen Film „Bill & Ted Face The Music“ geschafft – und in meine Top-Ten.

Spice haben 2020 ihr namenloses Debütalbum veröffentlicht und mich dank meiner Emo-Vergangenheit schön um den Finger gewickelt. Tatsächlich sind Spice das Nebenprojekt von Ross Farrar, der üblicherweise bei der Hardcore-gone-Post-Punk-Band Ceremony singt. Bei Spice gibt es schnörkellosen Emo-Pop-Punk-Indierock mit gelegentlicher Violinen-Verstärkung von Victoria Skudlarek – hier exemplarisch mit dem programmatisch betitelten „All My Best Shit“.

Ich weiß noch, dass ich ausnahmsweise im ICE saß, als mit „Ohms“ das Video zur ersten Single vom neuen Deftones-Album online ging. Da die Verbindung wie üblich ziemlich beschissen war, konnte ich den Song immer nur in Zehn-Sekunden-Häppchen hören, bis wieder gebuffert wurde. Ich bin bald wahnsinnig geworden. Ich liebe die Triolen, die Stephen Carpenter auf seiner sieben- oder achtsaitigen Gitarre spielt. Davon versteht er jedenfalls mehr, als von der Wissenschaft. Kürzlich hat die Pflaume in einem Video-Podcast ja davon fabuliert, dass die Erde tatsächlich flach ist. Nun ja, vielleicht labert man ja so einen Schranz, wenn man sich seit gut 20 Jahren locker zehn Dübel pro Tag reinlötet.

Drain haben mit „California Cursed“ nach einigen Kleinformaten in diesem Jahr ausgerechnet über das Hardcore-Label Revelation eine herrliche Oldschool-Crossover-Thrash-Abreibung veröffentlicht. Trocken, drückend und perfekt Mosh-tauglich verneigen sich die zehn Songs vor Bands wie D.R.I., frühen C.O.C., Nuclear Assault, SSD und Bl’ast. Das klingt viel fieser und angepisster, als die lächelnden Surfer-Boys mit dem Hang zu bunten Shorts vermuten lassen. Im Mix: der Titeltrack „California Cursed“.

Playlist: Die 10 Songs des Jahres von Jan Schwarzkamp