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Kommentar: "Die Kritik an Phoebe Bridgers' Gitarren-Zerstörung ist spießig und sexistisch"

Kommentar: „Die Kritik an Phoebe Bridgers‘ Gitarren-Zerstörung ist spießig und sexistisch“
Am vergangenen Wochenende feiert Singer/Songwriterin Phoebe Bridgers ihr Debüt bei der reichweitenstarken Late-Night-Comedy „Saturday Night Live“. Als Höhepunkt ihrer Performance zerschlägt sie ihre Gitarre auf einer Monitorbox – und tritt damit im Internet einen Shitstorm los. Wäre sie ein Mann, wäre es vermutlich kaum der Rede wert gewesen, kommentiert Dennis Drögemüller.

Die in den sozialen Medien aufgeflammte Kritik an Phoebe BridgersGitarren-Zerstörung ist nicht nur spießig und bigott, sondern auch sexistisch. Spießig, weil hier Fans des großen Tabubrechers Rock im Tonfall ihrer Eltern zur Mäßigung mahnen. Bigott, weil man schwerlich einerseits auf den heiligen Wert von Instrumenten pochen und andererseits das ressourcenverschlingende, bislang wenig nachhaltige Luxusgut Rockmusik feiern kann. Vor allem aber eben sexistisch, weil jahrzehntelang die Gitarrenopfer von Männern wie Pete Townshend, Jimi Hendrix, Paul Simonon, Kurt Cobain und Trail Of Dead nicht nur hingenommen, sondern sogar gefeiert wurden, während jetzt eine junge Künstlerin für das Gleiche gegeißelt wird.

Die Psychologie dahinter ist offensichtlich: Eine Frau, noch dazu eine aus dem „mädchenhaften“ Singer/Songwriter-Genre, maßt sich an, eine der symbolträchtigsten Gesten des männerbündischen Rock für sich zu beanspruchen – da verfallen die Szenepolizisten und Museumswärter des Genres in ihre alten Beißreflexe gegen weibliche Beteiligung. Zwar taugt Bridgers‘ Show-Einlage nicht dazu, sie zur Retterin des gefährlichen, rebellischen Rock hochzuschreiben; sich vorher mit der Gitarrenfirma abzusprechen und eine Fake-Monitorbox auf die Bühne zu stellen, ist das Gegenteil eines impulsiven Moments. Und natürlich kann man generell finden, dass Gitarrenzerschmettern eine ziemlich überkommene Gebärde einer vergangenen Ära ist, die 2021 höchstens noch als ironisches Zitat taugt.

Nur übersehen die Kritiker, dass sie genau das war: Die für ihren scharfen Witz bekannte Bridgers dürfte in der US-Comedy-Show Nummer 1 wohl eher auf Humor als auf Traditionspflege aus gewesen sein. Und wenn sich eine Ikone wie David Crosby auf Twitter sauertöpfisch an Bridgers abarbeitet und diese ihm seine sexistische Herablassung mit einem so trockenhumorigen wie entlarvenden „Little Bitch“ zurückspiegelt, ist sowieso eindeutig, wem hier die Zukunft des Rock gehört.

Video: Phoebe Bridgers – „I Know The End“ (bei SNL)

Tweet: David Crosby vs. Phoebe Bridgers

Tweets: Kommentare zu Phoebe Bridgers bei SNL