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Donots: Exklusiver Auszug aus Bandbiografie "Heute Pläne, morgen Konfetti" zu lesen

Donots: Exklusiver Auszug aus Bandbiografie „Heute Pläne, morgen Konfetti“ zu lesen
Mitte April erscheint mit „Heute Pläne, morgen Konfetti“ die offizielle Bandbiografie der Donots. Über 350 Seiten und mit vielen privaten Fotos ausgestattet erzählt Ex-VISIONS-Chefredakteur Ingo Neumayer den Weg der Ibbenbürener Punk-Lieblinge. Zum Vorverkaufsstart lest ihr bei uns exklusiv das Kapitel über ihre Teilnahme am VISIONS-Bandwettbewerb 1998.

And the winner is…

Auch die Musikpresse wird auf die Donots aufmerksam. Das Alternative-Rock-Magazin VISIONS kooperiert 1998 mit dem Bizarre-Festival und führt am Festival-Samstag auf der Zeltbühne einen Wettbewerb durch. Gesucht wird die beste Nachwuchsband ohne Plattenvertrag, als Preis winken professionelle Studioaufnahmen und eine Tour im Vorprogramm einer etablierten Band. Knapp 2.000 Bands aus ganz Deutschland, Österreich und der Schweiz bewerben sich und sorgen dafür, dass die Postboten kistenweise Tapes und CDs in die VISIONS-Redaktion schleppen. Darunter auch die „Tonight’s Karaoke-Contest Winners“-CD von der man sich auch beim VISIONS beeindruckt zeigt. Sie wird zum „Demo des Monats“ gekürt, Alex darf auf einer halben Seite berichten, wie er zum Gitarrespielen gekommen ist, und die Redaktion packt den Song „You Cannot“ sogar auf die CD-Compilation, die dem Heft beiliegt – neben Größen wie Anthrax, Biohazard, Korn und Lard. Die Donots verschlingen die Zeitschrift regelmäßig selbst und lassen sich gerne von der Redaktion neue Bands empfehlen. Ingo ist sogar Abonnent – das Abo hat ihm Alex geschenkt. Im VISIONS über die eigene Band zu lesen, ist fast schon surreal.

Allerdings sind die Donots ein paar Tage zu spät dran, um an dem Nachwuchswettbewerb auf dem Bizarre-Festival noch teilzunehmen. Der Einsendeschluss für den Wettbewerb auf der „Sessionbühne“ ist schon abgelaufen, als das Karaoke-Demo in der Redaktion ankommt. Die zehn Nachwuchsbands, die dort spielen werden, stehen fest und sind bereits benachrichtigt.

Doch drei Wochen vor dem Festival ergibt sich kurzfristig ein Platz im Line-up. Die Bochumer Band El Cuatrimotor, die eigentlich dort spielen sollte, hat sich kurzerhand aufgelöst. Die VISIONS-Redaktion ist schnell einig, wer die Lücke füllen soll: die Donots natürlich. In Ibbenbüren ist allerdings nur Mama Knollmann zuhause und nimmt die gute Nachricht entgegen. Ingo, Alex und Jan-Dirk hängen gerade in Arcachon ab und machen Urlaub auf der größten Wanderdüne Europas. In der Friedensstraße knallen trotzdem die Sektkorken. Nach ein paar Tagen kommt die Neuigkeit dann auch in Südfrankreich an, als die drei Urlauber sich um den Münzfernsprecher an der Rezeption des Campingplatzes scharen, um zu hören, was in Ibbenbüren so geht. Und da geht einiges. Zum Beispiel ein Auftritt auf dem wichtigsten Alternative-Festival Deutschlands.

Dontos Bizarre Festival Pass

1998 unterscheidet sich die deutsche Festivallandschaft noch grundlegend von heute. Erstens gibt es sehr viel weniger Festivals, und zweitens ist die Gewichtung unter den etablierten Veranstaltungen eine völlig andere. Das Hurricane findet erst zum zweiten Mal statt und dauert nur zwei Tage. Rock am Ring, wo neben Alternative- und HipHop-Acts auch ziemlich viele Altherrenrocker spielen, gibt dank Bands wie Genesis, BAP und Supertramp ein seltsam unausgegorenes Bild ab. Das Bizarre dagegen ist Ende der Neunziger das Festival schlechthin, wenn man seine Musik gerne etwas alternativer und abseits des Mainstreams mag.

Die Einladung ist für die Donots nicht nur wegen des Bandwettbewerbs ein Volltreffer, sondern auch weil sie ihnen die Möglichkeit bietet, so viele großartige Bands aus nächster Nähe zu sehen: Iggy Pop, Green Day, Portishead, The Cure, Placebo, Deftones, Turbonegro, Danzig, Queens Of The Stone Age, Lagwagon, No Use For A Name – die Liste ist so lang wie beeindruckend. Sogar Rancid spielt, Guidos absolute Lieblingsband, was diesen ganz wuschig werden lässt. „Klar war das cool mit unserem Auftritt bei diesem Wettbewerb“, blickt er zurück. „Aber noch mehr habe ich mich darauf gefreut, endlich mal Rancid live zu sehen. Ich war aufgeregt wie Sau.“

Die Band bekommt Zugangspässe, die für alle drei Festivaltage gültig sind. Gemeinsam mit ihrem Mischer Sascha Kramski packen die Fünf ihren Bulli deshalb schon am Freitagmorgen, legen das selbst aufgenommene Tape mit den neuesten Alben von Lagwagon und Samiam ein und machen sich auf den Weg Richtung Köln-Ossendorf. Das Bizarre findet auf dem stillgelegten Flughafen am Butzweiler Hof statt, der Rückstau auf der A1 reicht bis zum Kreuz Leverkusen: Stop-And-Go, Warnblinklichter, genervte Festivalgänger, die endlich ihr Zelt aufbauen wollen. Als die Band den Stau erreicht, kann Ingo den Bulli gerade noch rechtzeitig bremsen. Der Fahrer hinter ihnen hat allerdings nicht so gute Reflexe und fährt auf den Bus der Donots auf. Der Schaden beschränkt sich Gott sei Dank auf ein paar Dellen und Kratzer. Nichts Wildes, im Gegenteil: Für die Donots lohnt sich die Karambolage sogar. Denn der Verursacher, ein italienischer Geschäftsmann, will auf keinen Fall, dass der Unfall von der Polizei aufgenommen wird. Also zückt er sein Portemonnaie und drückt Ingo kurzerhand 200 D-Mark in die Hand. Damit ist nicht nur das Spritgeld gesichert, sondern auch für das ein oder andere Festivalbier gesorgt.

Donots VISIONS Stage

Die Donots müssen beim Wettbewerb bereits als zweite Band auf die Bühne. Damit sie um 13:30 Uhr nicht ganz alleine im Zelt stehen, machen sie vorher ordentlich Alarm. Sie verteilen Flyer auf dem Gelände, die auf ihren Auftritt hinweisen, und versuchen es mit dem guten, alten Bestechungsbier: Das Karlsquell, das sie dosenweise unters Volk bringen, wird zwar in der spätsommerlichen Augusthitze schnell warm, zeigt aber offenbar trotzdem Wirkung und lockt den ein oder anderen zu ihrer Show. Am Ende stehen über fünfhundert Zuschauer vor der Bühne. Doch im Grunde ist es den Donots fast egal, ob sie vor fünf, vor fünfzig oder vor fünfhundert Leuten auftreten. Hier spielen zu können, ist einfach der Hammer, und entsprechend euphorisch gerät der Auftritt. Sie stürmen auf die Bühne, spannen die Zuschauer mit einem viel zu langen Intro auf die Folter und hauen ihnen schließlich „You Cannot“ um die Ohren, worauf nicht wenige Münder sperrangelweit offenstehen. Wie viel Spielfreude passt in 30 Minuten? Was kippen die in Ibbenbüren ins Trinkwasser? Und kann man als Band überhaupt noch mehr Begeisterung rüberbringen?

Auch die zwölfköpfige Jury ist größtenteils beeindruckt: Wiebke Wiechell, die das deutsche Büro von Fat Wreck leitet, Anthony X. Martin von Boomba Records, der für die internationale Karriere von Turbonegro mitverantwortlich ist, und die Vertreter der VISIONS-Redaktion – sie alle vergeben Höchstnoten.

Das gilt auch für Gero Langisch, der bei Gordeon Promotion in Berlin für Bands wie Millencolin, Refused oder die Hives arbeitet. Langischs Erwartungen an die Donots sind vor der Show eher niedrig: Dass eine Band aus Ibbenbüren hier etwas reißt, kann er sich absolut nicht vorstellen. Wenn deutsche Bands sich an Punkrock versuchen, kommt seiner Erfahrung nach meistens „einfach stumpfes Gedröhne“ heraus. Doch die Donots überzeugen ihn vom Gegenteil: „Die sind mit einer völlig unverdienten Selbstsicherheit durch ein Set aus hochmelodischen Punkrock-Krachern und albernen Ansagen gerast, als ob sie das schon seit mindestens einem Jahrzehnt machen würden.“ Für ihn strahlen die Donots bei ihrem Bizarre-Auftritt vor allem Freude aus: „Freude an ihrer Musik, Freude darüber, auf einer solchen Bühne spielen zu können.“ Langisch liegt mit seinen Prognosen, was die Zukunft diverser Bands angeht, regelmäßig falsch. Bei den Donots trügt ihn sein Gefühl aber nicht: Aus dieser kleinen Band, so sein Fazit nach dem Auftritt, kann mal was ganz Großes werden.

Nur einer in der Jury kann dem Geschehen auf der Bühne so gar nichts abgewinnen: Aydo Abay, der Sänger von Blackmail. „Ich fand deren Auftritt richtig kacke. Unerträglich. Aber damit war ich der einzige“, sagt er rückblickend. Eine Sache hat ihn dann aber doch beeindruckt: „Die Donots waren eine Band, der man das auch sagen konnte, dass man sie scheiße fand. Die nahmen einem das nicht übel. Im Gegenteil: Die haben einem dann trotzdem einen Sweater geschenkt. Vielleicht ist das das Geheimnis ihres Erfolgs…“

Donots Autoscooter

Nach der Show verstreuen sich die Donots bald über das Festivalgelände. Hier jemanden treffen. Dort ein Bierchen trinken. Und natürlich wollen sie auch schauen, was auf den anderen Bühnen geht und in welche Backstage-Bereiche sie mit ihren Pässen kommen: Zum Beispiel hinter die Hauptbühne, wo Green-Day-Sänger Billie Joe Armstrong mit dem BMX-Rad Tricks übt. Und der Typ da hinten, der mit dem Vogelnest auf dem Kopf, ist das wirklich Robert Smith von The Cure?

Jan-Dirk schaut sich noch einige der Konkurrenten im Band-Wettbewerb an und ist sich sicher: Hier gibt es für die Donots nichts zu holen. Die Emil Bulls, Red Aim oder Mental Tearing After 9 wirken einfach zu professionell: Spitzen-Equipment, routinierte Show, geprobte Abläufe, durchdachte Dramaturgie. Außerdem sind die Donots die einzige Punkrock-Band im Feld, während sich der Rest hauptsächlich an Stilrichtungen orientiert, die damals angesagter sind: Alternative, New Metal oder Stoner Rock. „Der Contest war mir dann im Grunde scheißegal. Wir hatten unseren Spaß, haben einen guten Auftritt hingelegt, fertig“, sagt Jan-Dirk. Statt zur Siegerehrung zu gehen, schaut er sich lieber The Cure auf der Hauptbühne an.

Auch Guido stolpert am Abend eher zufällig vor die Zeltbühne – und wundert sich, da oben Alex, Eike und Ingo zu sehen. Was machen die da? Was ist hier eigentlich los? Und wieso hüpfen die rum und umarmen sich?

Wieso? Ganz einfach: Die Donots haben den Wettbewerb gewonnen.


„Heute Pläne, morgen Konfetti“, die von Ingo Neumayer verfasste Biografie der Donots, erscheint am 16. April im Ventil Verlag. Fans können ab heute im Webshop der Band eins von 3.000 signierten Hardcover-Exemplaren vorbestellen.

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