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Eurosonic/Noorderslag Festival: So war es 2019

Eurosonic/Noorderslag Festival: So war es 2019
Abseits vom Business-Gewusel, von Panels, Meetings und zukunftsorientierten Gesprächen geht es beim alljährlichen Showcase-Spektakel Eurosonic/Noorderslag vor allem um eines: Konzerte noch junger Künstler. Zwei VISIONS-Redakteure haben sich Donnerstag und Freitag für euch ins Getümmel gestürzt.

Tribalistisches Getrommel hallt durch das Huis De Beurs. Ein signifikantes Merkmal im psychedelischen Sound der Italiener Indianizer, die effektverliebt und mit entsprechender Lightshow den Afrobeat von Goat durch die Synth-Kraut-Kanäle des Moon Duos channeln. Der Trip geht ins Bein. Eher in den Nacken geht das instrumentale Doom-Drone-Sludge-Ungetüm Möbius. In Zeitlupe walzt das Duo aus der Slowakei stoisch vor sich hin. Es ist harte, mürbemachende Kost, bei der man sich manchmal die Rasanz von High On Fire wünscht. Die Slowakei steht 2019 im Fokus – und daher kommen auch The Canyon Observer, die ebenfalls vornehmlich in Schwarz malen. In der kaum gefüllten, lediglich Metal-Bands beherbergenden Machinefabriek poltert die Band durch Black Metal und Doom, während der Crustpunk-Frontmann manisch vor der Bühne im Dunkel rumpirscht und schreit. Dagegen ist der auch nicht gerade zartbesaitete Post-Hardcore von Fjørt eine echte Erleichterung. Das Aachener Trio gehört in Deutschland schon zu den Routiniers der Szene – beim Eurosonic hätte man ihnen mehr Zuschauer gewünscht. Einen von drei Auftritten müssen die Indierockerinnen Gurr auf einem Business-Event auch vor wenigen Booking-Typen in Hoodie-&-Turnschuh-Uniform absolvieren. Ihren unendlichen Charme verlieren sie dabei nie – und retten sich mit dem Bangles-Cover „Walk Like An Egyptian“ über die Ziellinie. Später werden sie noch in der Vera spielen, wo die Lokalhelden De Staat bereits am Freitag um 17 Uhr ein Release-Konzert geben, weil am entsprechenden Tag ihr Album „Bubble Gum“ erscheint. Spätestens zum Smasher „Witch Doctor“ steht das Publikum auch nicht mehr still. Der überraschende Höhepunkt sind aber die Franzosen The Psychic Monks, die zu sehr später Stunde vier bis fünf Songs in ihre 45 Minuten packen. Schon der Opener wirkt wie ein Finale, weil die vier Musiker mit manischem Wahnwitz ihre irre Mischung aus Düster-Blues, krautiger Psychedelic, Grunge, Noise und Stoner-Riffs darbieten. Manchmal wirkt es, als würden die Idles und Queens Of The Stone Age gemeinsame Sache machen. Jan Schwarzkamp

29 Minuten – so lange bleibt einer Band beim Eurosonic, um sich zu empfehlen. Das hat eine Auswertung der Besucherströme des Festivals ergeben. Danach ziehen die meisten weiter, auch wenn die Bands meist 45 Minuten lang spielen – zu divers ist das Angebot, zu kurz die Wege, zu perfekt die Logistik. Das heißt im Umkehrschluss aber auch, dass man sich treiben lassen und Entdeckungen machen kann, so wie Laster. Das Trio aus Utrecht spielt eine Mischung aus Black- und Prog-Metal, die es mit tanzbaren Elementen aufbricht. Allerdings fehlt der Show die Dynamik, um restlos zu überzeugen. An der mangelt es The Entrepreneurs dagegen nicht. Die Dänen haben aber mit einem anderen Problem zu kämpfen: Temperaturen um den Gefrierpunkt. Das live um einen dritten Gitarristen ergänzte Trio spielt in der Barn, einer Scheune auf dem zentralen Platz der Innenstadt. Ihr Noiserock auf den Spuren von Sonic Youth verfügt über viel Wucht, an der Stimme von Sänger Mathias Bertelsen scheiden sich aber die Geister. Geisterhaft ist der Auftritt von Gold im All Round Poolclub, der 2019 so etwas wie der Treffpunkt für die Gitarrenbands auf dem Eurosonic ist. Der Post-Metal von Gold ist einzigartig, weil die Band auf verzerrte Gitarren verzichtet und trotzdem härter klingt als viele Genrekollegen. Sängerin Milena Evas Performance zwischen Schamanin und Medium tut ihr Übriges, um den Auftritt zu einem der eindrücklichsten des Festivals zu machen. Schade nur, dass Gold, wie etwa Ondt Blod später am gleichen Ort, vor halbleerem Haus spielen. Ondt Blod ist das aber egal, sie bringen ihren metallischen Hardcore eher noch brachialer als sonst rüber. Unterstützt werden sie von Sängerin Ella Marie Hætta Isaksen, die die poppigen Refrains der Band noch größer macht. Echtes Sendungsbewusstsein strahlen Petrol Girls aus. Ihre langen und eindringlichen Ansagen spart sich Sängerin Ren Aldridge auch bei einem Branchen-Schaulaufen wie dem Eurosonic nicht. Das unterstreicht, wie ernst es der Band mit ihren feministischen Anliegen ist. Auch wenn ihnen, wie allen anderen, keine halbe Stunde bleibt, um sie anzubringen. Florian Schneider