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Kommentar: "Den Kampf für Flüchtlinge kann kein Musiker dem Einzelnen abnehmen"

Kommentar: „Den Kampf für Flüchtlinge kann kein Musiker dem Einzelnen abnehmen“
Kein Thema ist in den letzten Woche in den Medien so präsent wie die Flüchtlingsdebatte, und auch an der Musikwelt geht die Problematik nicht spurlos vorüber. Unser Redakteur Dennis Drögemüller wirft in VISIONS 271 einen kritischen Blick auf das Engagement von Musikern und Künstlern – und spricht sich für mehr individuellen Einsatz aus.

Die Musikwelt hat in den vergangenen Wochen eindrucksvoll bewiesen, dass sie in der Flüchtlingskrise nicht schweigen will. Viele Musiker aus dem VISIONS-Kosmos haben sich mit öffentlichen Statements, Benefizkonzerten, Merchandise, Appellen, CD-Beiträgen und einer Charts-Aktion dafür eingesetzt, dass Flüchtlingen in Deutschland mit Wohlwollen und Hilfsbereitschaft statt mit Hass und Gewalt begegnet wird. Neben den Spendengeldern für die Flüchtlingshilfe ging es dabei vor allem darum, öffentlich zu demonstrieren, dass die Fremdenfeinde, Nazis und geistigen Brandstifter nicht die Mehrheit der Gesellschaft hinter sich haben. Die Aktionen der Musiker waren überfällige Gesten zu einer Zeit, als in Deutschland gefühlt jeden zweiten Tag ein Flüchtlingsheim angezündet wurde und Politiker viel zu lange Kriminelle und Hetzer als „besorgte Bürger“ verharmlost hatten. Daher gebührt allen beteiligten Künstlern Respekt für ihren Einsatz bei diesem wichtigen gesellschaftlichen Thema.

Dennoch kann man die Aktionen auch kritisch sehen: Musiker – und auch Medien, VISIONS eingeschlossen – müssen sich den Vorwurf gefallen lassen, aus dem Elend der Flüchtlinge Kapital zu schlagen. Und natürlich profitieren beide in Form von Aufmerksamkeit und Selbstdarstellung von dem Thema. Paradoxerweise können außerdem selbst die besten Flüchtlingshilfe-Aktionen sogar schaden: Sie helfen kurzfristig, die unmittelbare Not der Flüchtlinge zu lindern, sorgen aber im schlimmsten Fall zugleich dafür, dass sich das Gefühl ausbreitet, dass das Gute gesiegt hätte und das Problem beseitigt sei – während sich an unmenschlicher Abschottungspolitik, Abschiebepraxis, der Kürzung von Sozialleistungen für Flüchtlinge und den Ursachen der Probleme überhaupt nichts verändert hat.

Diese berechtigte Kritik bedeutet allerdings nicht automatisch, dass das Engagement von Künstlern und Medien falsch ist. Beide nutzen lediglich ihre größte Stärke: Sie können einem Problem Öffentlichkeit verschaffen und Wege aufzeigen, wie man für eine Sache aktiv werden kann. Im Idealfall tun sie das immer wieder und aus einer Überzeugung heraus statt kurzfristig und affektiv. Den langen, zähen und komplizierten Kampf gegen eine menschenunwürdige Flüchtlingspolitik mit Spenden, Petitionen und Demonstrationen muss aber jeder Einzelne von uns selbst aufnehmen. Diese Verantwortung kann euch kein Musiker und kein Magazin abnehmen.

Weitere Informationen zum Thema findet ihr hier:

Pro Asyl: proasyl.de
Kein Mensch Ist Illegal: kmii-koeln.de
Kein Bock auf Nazis: keinbockaufnazis.de
Uno-Flüchtlingshilfe: uno-fluechtlingshilfe.de