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Kommentar: Marek Lieberberg instrumentalisiert die "Rock am Ring"-Fans

Kommentar: Marek Lieberberg instrumentalisiert die „Rock am Ring“-Fans
Rock am Ring muss sich einen neuen Standort suchen, stattdessen findet am Nürburgring im kommenden Jahr ein Konkurrenz-Festival statt. Dass Rock-am-Ring-Gründer Marek Lieberberg sich in der Diskussion darum als Kulturbringer statt als Geschäftsmann präsentiert und die Fans für seine Interessen eingespannt hat, hält VISIONS-Redakteur Dennis Drögemüller für eine fragwürdige Inszenierung.

Im Streit um das Ende von Rock am Ring an seinem Stammspielort am Nürburgring waren die Rollen in den klassischen Medien und sozialen Netzwerken schnell verteilt: Auf der einen Seite standen die neuen Nürburgring-Besitzer und bösen Turbokapitalisten des Automobil-Zulieferers Capricorn, die dem Festivalveranstalter – der Marek Lieberberg Konzertagentur (MLK) – angeblich einen 25 Prozent höheren Anteil am Gewinn und inhaltliche Mitsprache abpressen wollten.

Auf der anderen Seite ließ sich Lieberberg in diversen Interviews und sogar auf der Festivalbühne mit seiner Weigerung als selbstloser Förderer und Bewahrer von Musikkultur und Kämpfer für die verstoßenen Rockfans feiern.

Zwar hat Lieberberg unbestritten mit dem fast 30 Jahre alten Rock am Ring die deutsche Festivalkultur mitbegründet und entscheidend geprägt. Dass aber gerade MLK nun darauf pocht, für das höhere Kulturgut Rock am Ring müsse man Profite auch mal zurückstellen, muss einen aufhorchen lassen (dass bisher niemand diese Inszenierung Lieberbergs als Ring-Robin-Hood ernsthaft in Frage gestellt hat, sagt viel über MLKs Macht gegenüber Geschäfts- und Medienpartnern aus): Neben dem Wacken hat es schließlich kein anderes Festival zuletzt so verstanden, auch noch den letzten Euro seines zahlungskräftigen und -willigen Publikums abzuschöpfen – etwa mit innerhalb von zehn Jahren um rund 100 Prozent verteuerten Tickets, kostenpflichtigen Bus-Shuttles und Sondercamping-Plätzen, und teils strammen Essens-, Getränke- und Merchandise-Preisen.

Nun die Kultur vorzuschieben und die Festivalfans mit billigem Populismus („Wir sind der Ring!“) für die eigenen Gewinnvorstellungen zu instrumentalisieren, wirkt da fast schon unverschämt – zumal man einen Kulturbegriff in Frage stellen kann, der Erfolg immer zuerst in Besucherzahlen und Umsatz misst und sich dafür Jahr für Jahr fast nur noch die massenkompatibelsten und zugkräftigsten Rock- bis Elektro-Acts aller Klassen einkauft. Denn an einer Szene-Aufbauarbeit, die beispielsweise den Beatsteaks vor über zehn Jahren im Nachmittagsprogramm ihre ersten Festivalmomente bescherte, hat sich Rock am Ring zuletzt wenig beteiligt. Ganz zu schweigen vom einmaligen Kulturwert eines typischen RaR-Campingplatzes, auf dem man schon mal zu Onkelz-Gedröhne und Saufliedern knöcheltief durch Zervelatwurst, zertretene 5,0-Bierdosen und kaputte Sexpuppen stapft.

Der Wechsel zu einer anderen Location könnte für Rock am Ring deshalb auch eine Chance sein, wieder zu dem zu werden, als was Lieberberg und Co. die Veranstaltung heute schon darstellen: ein Rockfestival, das zu allererst für die Musikfans da ist. Und nicht für wessen Bankkonto auch immer.

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