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Madsen – Kein Weg zu weit – USA-Tour (Teil 1)

Madsen – Kein Weg zu weit – USA-Tour (Teil 1)
Im Auftrag des Goethe-Instituts tourten Madsen sechs Wochen durch die USA, um etliche Kilometer zu fahren und einige Konzerte für Deutsch lernende, begeisterte Schüler zu spielen. Manager Gregor Stöckl berichtet für uns aus dem Tourbus.

31.10. Berlin – Frankfurt – Dallas

Stockdunkle Nacht. Stockdunkler Bus. Es ist 3.45 Uhr früh. Wortfetzen wie „Roswell“, „Charles Bronson“ und „Drogenkrieg“ erreichen meine jetlagmüden Ohren, die von Godspeed You Black Emperor! passend und leise bespielt werden. Wir sind irgendwo zwischen Dallas und der Grenze zu Arizona, nicht weit entfernt von Mexiko. Mücke ist neben mir der einzige im Bus, der noch wach ist. Er unterhält sich wacker mit unserem Fahrer Chester Jones, der wie eine ältere Version von Jesse Hughes daherkommt und eine beeindruckende Gürtelschnalle sein eigen nennt. Und das kam so: Madsen sind auf US-Tour, eingeladen vom Goethe-Institut und unterstützt von einer Reihe von Organisationen, unter anderem „The Federal Government“ (inklusive Bundesadler), die sich alle auf unserem dekorativen Gefährt verewigt haben.

Madsen USA

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13 Konzerte in 40 Tagen, meist mittags, meist an High Schools und Colleges, und immer vor äußerst begeisterungsfähigen, deutsch lernenden Kids zwischen 10 und 17 Jahren. Drei Wochen, bestehend aus Boston, Washington, New York, Pittsburgh und Athens, liegen bereits hinter der sprachbotschaftenden Reisegruppe, bestehend aus acht Männern und der bezaubernden Lisa. Und es läuft bestens. Zitat Johannes Madsen: „Ich glaube, ich hatte bisher in jeder Stadt einen Burger…“ Nach einer schlangestehenden Lausitzer Reisegruppe in Berlin, einer Rindswurst in Frankfurt und eines Lufthansa-AirCondition-Schnupfens bin ich nun seit Dallas auch dabei. „Willkommen bei Madsen“, und das an Halloween. Das kann was werden. Beim Soundcheck an der Plano Senior High School, wo morgen Mittag das Konzert stattfinden wird, folgt gleich die erste Bestätigung, dass die Jungs sich innerhalb kürzester Zeit bereits bestens mit den Sitten und Gepflogenheiten des Landes assimiliert haben. Sebastian kommt als Ghostbuster in gelbem Overall und Original-Waffen-Rucksack zum Aufblasen, Sascha als das, was er ist: ein Vorzeige-Redneck. Niko ist „Evil Klaus“, der Haupt-Gegenspieler von „Super Gerd“, hinter dem sich wiederum Mücke verbirgt. Wolle, unser technischer Leiter, hat Mühe, mit seinen Freddie-Krueger-Fingern die Regler in gewohnter Subtilität zu bedienen und Lisa sieht in ihrem Prinzessin Leia-Kostüm außerirdisch aus. Schön blöd? Nein, saublöd. Aber zur großen Freude von Deutschlehrerin Beth Smith, die das alles hier organisiert hat, und mit ihrem Autonummernschild „Frau S“ in Texas sicherlich die allseits gut behütete Herrenwelt verwirrt. Na ja. Chicken Wings, Hotel, Klappe zu, Erschöpfung, Jet Lag, wilde Träume. Miss Ellie, wo bist Du?

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01.11. Dallas, TX – Van Horn, TX

Nach einem nahrhaften, gesunden Frühstück (Omelette mit Jalapenos und doppelt Käse, dazu zwei Spiegeleier und Pfannkuchen mit Ahornsirup) geht es zu den Pennälern, die, bewaffnet mit eigens gebastelten Madsen-Shirts und Transparenten aus den Schulen der Umgebung zusammengezogen wurden, und – man kann es nicht anders sagen – beim Konzert voll abgehen. Das meint: Headbanging, Beatles-artiges Gekreische und sogar flüssiges, akzentfreies Mitsingen bei Klassikern der Bandgeschichte wie zum Beispiel „Du schreibst Geschichte“, „Die Perfektion“ oder „Mein Herz bleibt hier“. Kein Wunder, wurden diese Lieder doch mit Arbeitsblättern und Video-Studium im Unterricht ausführlich behandelt. Brave Lehrer…und auf jedes „Dankeschön“ von Sebastian folgt ein donnerndes „Bitteschön“ aus 600 Mündern.

Die Band ist in bester Spiellaune und hat sogar einen brandneuen Track namens „Wo es beginnt“ auf der Setlist. Mit anderen Worten: „it runs“, wie der Amerikaner sagt. Nach den Zugaben „Goodbye Logik“, einer Reminiszenz an Metallicas „Sad But True“ und dem stürmisch geforderten „Nachtbaden“ heißt es schnell abbauen, auf- und einräumen, denn der Weg zum nächsten Konzertort wird kein leichter sein: 1.600 Kilometer untenrum nach Tucson, Arizona. Erste Station: Walmart. Von Eiswürfel über Kaffeesahne bis hin zu Chips, Bier und Schokoriegel werden nur Grundnahrungsmittel eingekauft: Aktuelle Favoriten: „Turtles“, ein Pecannuss-Karamell-Schokoladendingens sowie Beef Jerky in allen Variationen, einschliesslich „Jerky Chew“, der geschredderten Version. Ich sage zu letzterem: eklig. Aber sei´s drum. Weiter, immer weiter.

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Im Bus werden neue Madsen-Songs quergehört, kontrovers diskutiert, um anschließend gemeinsam unisono sicher zu sein: das neue Album wird ein großer Wurf werden. All die Ereignisse, Veränderungen und Entwicklungen der letzten zwei Jahre im Band-Kosmos haben hörbar ihre inspirierenden Spuren hinterlassen und sorgen für klare Sicht nach vorne. Aber ich schweife ab…Irgendwann in den frühen Morgenstunden erreichen wir unser Zwischenziel, das In-der-Mitte-der-Mitte-von-Nirgendwo-Truck-Stop-Fleckchen Van Horn in Texas. Das dortige Holiday Inn-Express erinnert sofort an einige, zum Teil sehr blutige Filme. Und alles wäre bestens, wenn nicht das Problem mit Zimmer 204 wäre. Weder die Hotelkarten noch der Schlüssel des Nachtportiers sind in der Lage, die Türe zu öffnen. Da alles ausgebucht ist, muss unser Backliner Marc aus Traben-Trarbach in die saure Guacamole beissen und in den Bus zurück. Der Rest kann sich für ein paar Stunden auf „echten“ Betten ausruhen. Wohl bekommt´s.

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02.11. Van Horn, TX – Tucson, AZ

Als wir aufwachen, erwartet uns grelle Sonne, Wind und eine atemberaubende Umgebung, bei der nur noch die umherfliegenden Heuballen fehlen…der wilde, wilde Westen fängt gleich hinter Van Horn an. Kein Zweifel. Mein Zimmerkamerad, Good Old Boy Wolle Geier geht wie immer auf Fotopirsch, ich hingegen frühstücke Pancakes aus dem Pancake-Automaten und Zimtschnecken auf Styroportellern, dusche und skype mit der Heimat. Beruflich und privat muss es vorangehen, zum Wohle aller, zum Teil auch mitreisender Personen. Um High Noon rum geht es weiter. Unser Fahrer Chester hat heute ein sehr geschmackvolles grünes Hemd an. Die perfekte Ergänzung zu Niko Maurer, der heute mit schwarzem Unterhemd, Soulfly-Shorts, seinem neuen Stetson und den in wenigen Stunden in El Paso zu erwerbenden Cowboy-Boots eine harmonische, ekletische Melange aus Vintage und Designer, Clash und Kulturen, Sex und Maschine darstellt. An der gefährlichsten Stadt der Welt, dem Grenzort Juarez, und spektakulären anderen Filmlandschaften vorbei geht es in Richtung New Mexico.

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Sascha sichtet einstweilen Material aller Art, schneidet und schneidet und schneidet neue Folgen des Videotagebuches, Johannes kränkelt heute ein wenig und lebt weitestgehend zurückgezogen, „Magic Finger“ Ansgar knetet und bearbeitet Sebastians Hand erbarmungslos und permanent, Wolle, Lisa und Marc battlen um die begrenzten Internetzugänge im Bus, Mücke trinkt Zucker mit Kaffee und wir alle hören uns freundlich in die vorbeihuschende Natur eingebettete Musik an, von Merle Haggard über Donavon Frankenreiter bis hin zum „O Brother Where Art Thou“-Soundtrack. Nebenher pudern wir unsere von der Hitze feucht gewordenen Hände mit Monkey Butt Powder ein. Ja, was haben wir doch für eine schöne Jugend? Wie beinahe immer, ist es dunkel, als wir ankommen. Riverpark Inn Hotel. Der Name ist nicht Programm. Aber hurra, wir stehen noch. Kein Wunder, nach all dem Sitzen. Erstaunlich kühl ist es nach all der wüstlichen und menschlichen Wärme. Ersetzt es den Hunger, das unerbittliche Knurren im Magen? Nein. Daher ziehen wir in kleiner Belegschaft, bestehend aus Sascha, Mücke, Ansgar, Niko und Johannes nochmals auf Bernd Schusters Rappen los, wenngleich uns der Portier mehrfach gewarnt hatte, bei Dunkelheit doch bitteschön das Taxi zu nehmen. Für 450 Meter wohlgemerkt, wegen Gefährlichkeit, Wegelagerern und den in dieser Gegend weit verbreiteten Kaktusdieben. Der Hunger lässt uns all das vergessen und treibt uns in eine muffelnde Bürgerkette, die uns nach wenigen Minuten schon befriedigt. Mit belegten, warmen, landesüblichen Brötchen, Teigtaschen und schmal geschnittenen, frittierten Kartoffelerzeugnissen im Magen, teilweise mit mikrowelligem Käseschmelz versehen, geht es wieder in den Flusspark zurück, ohne Aussicht auf einen Schlummertrunk, denn die Hotelbar schließt um 21 Uhr, zusammen mit dem Hochklappen der Tucsonburgersteige. Stockdunkel und ebenso sauer gehen wir aufs Zimmer und versuchen, dagegen anzukommen. Es gelingt, etwas unruhig und verschnarcht. Aber dennoch…

Madsen USA

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04.11. Tucson, AZ

Der erste Tour-Blues wird kurzzeitig schwarz, dann aber schnell wieder rosa, und so geht es mittags in kleiner Besetzung (Sascha, Niko, Manager, Goethe) eine halbe Stunde in Richtung Wüste zur Empire High School. Was von außen wie eine Mischung aus Staatsgefängnis und Lagerhaus aussieht, entpuppt sich bei näherem Hinsehen als ein sympathisches, in die Natur irgendwie ganz gut eingebundenes Schulgelände. In der Bücherei gibt es Lunch mit den Deutschschülern und einer Frage- und Antwortsession mit den Madsens. Die Kids are alright und united, und die Deutschkenntnisse sind sehr unterschiedlich. Von „Ein Hemd“ („..that´s the only German word I know…“) bis hin zu angeregten Gesprächen über die Lieblings-Videoclips ist alles drin. Stets wiederkehrend auf unserer Studienreise quer durchs Land ist jedoch die R-Frage. „Wie findest Du Rammstein?“ Dicke Credits gehen daher raus. Vielen Dank für die Vorarbeit. Liebe ist bekanntlich für alle da…genug davon bekommen wir dann auch beim nachmittäglichen Konzert von den etwa 300 Leuten zurück. Das Fernbleiben einiger Klassen aufgrund Busfahrverbots wegen Sandsturms gleichen die Anwesenden mit großer Leidenschaft und Stimmgewalt aus. Was doch gute Lehrinhalte in kurzer Zeit so alles bewirken können. Wir fühlen uns sehr willkommen und genießen nach der Show das Barbecue vor der Halle. Die Band kommt vor lauter Autogramm- und Fotowünschen kaum zum Einhalten des täglichen Burgerpensums, der Merchstand ist dicht umlagert und auch sonst ist alles krass süß, wenngleich auch rohe Zwiebelringe mit im Spiel sind. So oder so: Die Wüste lebt! Dennoch müssen wir leise Servus sagen. Der Busmotor ist angefeuert, das frische Bier schön eisig verstaut, die Instrumente eingepackt. Wir müssen weiter. Mit einem zufrieden gesummtem „Sweet Home Arizona“ geht es übernacht nach California.

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