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    Blackmail
    Friend Or Foe?

    VÖ: 26.05.2003 | Label: Wea
    Text: Patrick Großmann
    Platte des Monats
    Blackmail - Friend Or Foe?

    Ist eine Steigerung nach „Bliss, Please“ überhaupt möglich? Koblenz bleibt die Antwort vorerst schuldig und rockt sich eins. Das allerdings mit Inbrunst und Bravour.

    Ganz selten wird der Veröffentlichung einer deutschen Rockband mit ähnlich viel Spannung entgegen gefiebert wie dem vierten Blackmail-Werk. Die allgemeine Erwartungshaltung scheint auch an den Protagonisten nicht spurlos vorüber gegangen zu sein: Eine erste Session trat die Band nahezu vollständig in die Tonne, und auch ein später zusätzlich vom Label initiierter Dicke-Hose-Studiotermin in London mit Produzent Andy Gill (Ex-Gang Of Four) endete desaströs. Freischwimmen war also angesagt. Das Endresultat trägt die Gretchenfrage dabei nicht grundlos im Titel, denn leicht gemacht haben sie es uns nicht unbedingt: Die überbordende, gleichwohl stets charmante Opulenz und Breite des Vorgängers oder Pop-Naschwerk vom Schlage eines „A Reptile For The Saint“ sucht man im Rahmen der elf neuen Songs zunächst umsonst. Wo dereinst ein (freilich ironisiertes) angeschmutztes Rosa dominierte, bestimmt jetzt brauner Wüstensand die Szenerie. Es staubt, liebe Leute, und zwar ordentlich! Mit an die Queens angelehntem, bauchigem Sound prescht das Quartett vornehmlich kompakt geradeaus, wagt den direkten Schlag ins Gesicht – siehe das enorm eingängige, explosive „Sunday Sister“, „Dive“, die kompromisslos in die Grenzverzerrung geprügelte, blutrote Wumme „Nobody’s Home“. Nope, they are certainly „not trying to be nice“, um eine Textpassage zu zitieren. Den etwas konzeptlos ausufernden, indes mit von Aydo Abay wunderschön gesungener Strophe ausgestatteten Abschluss-Neunminüter „Friend“ einmal ausgenommen, versagen sich die Koblenzer auf „Friend Or Foe?“ allzu ausufernde Experimente, und haben mit dem furiosen Einstieg „Airdrop“ gleich ein waschechtes Zugpferd am Start: Vor dem Hintergrund einer verstörenden Geräuschkulisse schrengelt Kurt Ebelhäuser seine längst zum Trademark avancierten beatlesken Akkorde, bis der Donner losbricht und sich zu einem schicksalsschweren, Streicher-satten Gewitter steigert. Selbst Dave Grohl wäre wohl zu Recht stolz auf Mario Matthias‘ Drum-Einstieg. Dazu findet Abay Zeilen, wie sie ihm klaustrophobischer bislang nicht gelungen sind: „Your tears have turned the water black / You just stumble and wait for the attack / Your hands protect your eyes and sure you’ve lost your speech / Things don’t happen before they’ve gone to brief.“ Das ist mächtig. Zerbrechlich. Großes Kino. Auch das überragende, atmosphärisch dicht gewebte „Evon“ („play with me, tomorrow you’ll bleed“!) sowie „On The Tight Rope“ schürfen knietief in der Palm Desert und werden im Auge des Hurrikans fündig. Nie zuvor stand neben den Gitarren der Bass derart satt und rund im Zentrum des Geschehens. Was nicht heißen soll, dass man deshalb auf abgefahrenere Texturen gänzlich verzichten müsste: Durch das sanfte „Fast Summer“ weht trunken eine von Blues-Traditionalismen befreite Steel-Guitar, während „Leave“ – definitiv ein heißer Kandidat für eine zweite Single-Auskopplung nach dem Uptempo-Klopfer „It Could Be Yours“ – klassizistische Piano-Tupfer akquiriert und mitten auf dem Jahrmarkt endet. „Coping With A Bade Share Day“ wiederum schraubt sich nach offen groovendem Beginn hinein in stolpernden Furor und ein pompöses Finale. Je öfter man der Platte sein Ohr leiht, umso mehr frisst sie sich ins Hirn, beginnt sich zu entblättern wie eine sich zierende, stachelige Sumpfblume. Blackmail haben mit Nachdruck bewiesen, dass sie trotz aller Nebenprojekte das Koblenzer Königskind sind. Lediglich die leichtfüßige Magie von „Bliss, Please“, die erreichen sie nicht ganz diesmal. Es bleibt spannend zwischen Mosel, Rhein und Lahn.

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