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    Johnny Cash
    American III: Solitary Man

    VÖ: 17.10.2000 | Label: American/Columbia/Sony
    Text: Ingo Neumayer
    Platte des Monats
    Johnny Cash - American III: Solitary Man

    Gott sei Dank, es gibt ihn noch. Das Schöne an dieser Platte ist zuerst einmal, dass sie überhaupt erscheint. Die Diagnosen seiner Ärzte, die ihm Parkinson und das Shy-Drager-Syndrom attestierten, waren, wie es aussieht, falsch.

    Johnny Cash geht es den Umständen entsprechend gut. Wobei ‘Umstände’ meint, dass man natürlich nicht vergessen darf, dass der Man in Black 68 Jahre alt ist und ein extrem exzessives Leben hinter sich hat. Das weiß er natürlich auch, und zwar nicht erst seit gestern. Dennoch: Hieß es auf der letzten Platte „Unchained“ noch mit einer unerreichten Eindringlichkeit „Jesus, I don’t wanna die alone“, liefert „American III“ ein etwas anderes Bild: Das eines alten Mannes voller Würde, Kraft und Weisheit, der seine Dämonen besiegt hat, sich ihrer aber immer noch stets bewusst ist. Er ist mit sich und allem anderen ins Reine gekommen, weiß, was kommen wird, und ist nicht bange darüber: „I’m going there to see my father / And all my loved ones who’ve gone on / I’m just going over Jordan / I’m just going over home“ („Wayfaring Stranger“). Mit dieser beruhigenden Gewissheit im Rücken macht sich der Mann, der seit Kennedy alle US-Präsidentenhände geschüttelt hat, auf und schenkt uns 42 Minuten seines Lebens, seiner Ansichten, seiner Gefühle und Geschichten – auch wenn wieder ein Großteil der Songs nicht aus seiner Feder stammt. Macht aber in diesem Fall überhaupt nichts, Cash war in den letzten Jahrzehnten schon immer mehr der Interpret/Performer und weniger der Songwriter. Seine große Fähigkeit und Kunst ist und bleibt: Er covert nicht, er macht sich Songs zu eigen – eine, nebenbei bemerkt, äußerst uneitle Haltung gegenüber dem Schaffen (meist) Jüngerer, die nicht viele Menschen seines Alters so bereitwillig pflegen. Das hat schon auf den letzten beiden Platten unter Karriereretter Rick Rubins Ägide große Momente hervorgebracht (u.a. Danzigs „Thirteen“, Soundgardens „Rusty Cage“, Tom Waits’ „Down There By The Train“), und es funktioniert wieder. Reduziert auf das Gerippe und ohne Bonos aufdringliche Pastoralität merkt man dann hier erst einmal, was U2s „One“ für ein großartiger Song ist. Bei Nick Caves „The Mercy Seat“ passen Thema und vor allem die einführende, des Delinquentens Unschuld betonende Strophe, bestens ins Cash-Outlaw-Gesamtwerk, während sich der Song selbst furios steigert: von anfänglich behutsam-sparsamer Gitarrenbegleitung bis zu einem gewaltig hämmernden Piano-Finale. Mit Palace-Kopf Will Oldham singt er dann die ergreifende und zum Heulen schöne Ode an die Freundschaft „I See A Darkness“, das vielleicht beste Stück der Platte: „Well I hope that some day, buddy, we have peace in our lives / together or apart, alone or with our wives.“ Doch „American III“ hat nicht nur tiefschürfend schwere Gänsehaut-Geschütze zu bieten. Das bockig-augenzwinkernde Selbstmitleid in „Nobody“ macht einen nicht zuletzt dank Cashs grandioser Intonation schmunzeln, während man sich bei der naiven Agrar-Hymne „Country Trash“ zu gerne den kleinen Knirps John R. Cash vorstellt, der 1945 mit diesem Lied auf den Lippen über die Felder von Dyess, Arkansas, hüpft. Wer diese Platte als Country-Mist abtut und ihr so von vorneherein keine Chance gibt, hat nichts, aber auch gar nichts verstanden. Cash sagt übrigens über „American III“, es sei seine beste Platte. Und ich werde einen Teufel tun, und diesem Mann Widerworte geben.

    Mit Palace-Kopf Will Oldham singt er dann die ergreifende und zum Heulen schöne Ode an die Freundschaft „I See A Darkness“, das vielleicht beste Stück der Platte: „Well I hope that some day, buddy, we have peace in our lives / together or apart, alone or with our wives.“ Doch „American III“ hat nicht nur tiefschürfend schwere Gänsehaut-Geschütze zu bieten. Das bockig-augenzwinkernde Selbstmitleid in „Nobody“ macht einen nicht zuletzt dank Cashs grandioser Intonation schmunzeln, während man sich bei der naiven Agrar-Hymne „Country Trash“ zu gerne den kleinen Knirps John R. Cash vorstellt, der 1945 mit diesem Lied auf den Lippen über die Felder von Dyess, Arkansas, hüpft. Wer diese Platte als Country-Mist abtut und ihr so von vorneherein keine Chance gibt, hat nichts, aber auch gar nichts verstanden. Cash sagt übrigens über „American III“, es sei seine beste Platte. Und ich werde einen Teufel tun, und diesem Mann Widerworte geben.

    weitere Platten

    My Mother's Hymn Book

    VÖ: 12.04.2004

    Unearthed

    VÖ: 25.11.2003

    Unchained

    VÖ: 05.11.1996

    American Recordings

    VÖ: 26.04.1994