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    Hesitation Wounds
    Awake for Everything

    VÖ: 27.05.2016 | Label: 6131
    Text:
    Hesitation Wounds - Awake for Everything

    Auf dem ersten Album von Hesitation Wounds hat das „Post“ in Posthardcore keinerlei Daseinsberechtigung. Hier regiert die Ur-Wut und die Unzufriedenheit mit dem Status quo, dessen akustisches Plattwalzen kathartische Qualitäten hat.

    Man hätte es Jeremy Bolm so sehr gegönnt. Der Kopf von Touché Amoré schien seine inneren Dämonen auf deren aktuellem Album „Is Survived By“ zumindest ein Stück weit in Ketten gelegt und einen vorsichtig optimistischen Blick in die Zukunft geworfen zu haben. Und jetzt: Pustekuchen. Dank einer in der Düstercore-Nische mit enormer Strahlkraft ausgestatteten Allstar-Band, die Bolm schon 2013 auf einer brutal brachialen EP als Ventil für seine aufgestauten Aggressionen diente und jetzt, immer noch genauso desillusioniert und angepisst, auch als politisches Sprachrohr nutzt – ein Aspekt seines Songwritings, den der Musiker angeblich in seiner Hauptband nicht unterbringen kann. Dass Bolm einem diesbezüglich keine heile Welt vorgaukelt, ist schon im eröffnenden Hardcore-Walzer „Operatic“ zu hören, der mit rhythmisch verschobenen Breaks und metallisch-doomigen Gitarren den Grundstein für die Stimmung der Platte legt. Ihren Siedepunkt erreicht sie im mit heiserem Geschrei vorgetragenen Guthrie, das die diskriminierende Behandlung illegaler Einwanderer in den USA thematisiert – und auch das Ausmaß der instrumentalen Kompromisslosigkeit von „Awake For Everything“ aufzeigt. Denn mit Guthrie und dem 54-sekündigen akustischen Hochdruckreiniger „All We Know“ rücken Hesitation Wounds dank Blastbeats und Hardcore-Doubletime in die direkte Nachbarschaft der wütenden Converge. Die stilistische Wandlungsfähigkeit der Band beweist wenig später Hope-Conspiracy-Gitarrist Neeraj Kane mit dem gigantisch groovenden „Teeth“, dem Kane seine Trademark-Riffs und kehlig-crustigen Background-Gesang überstülpt. Apropos Groove: auch die Rhythmusfraktion aus Bassist Stephen LaCour, der sonst bei Trap Them zwischen Grind- und Hardcore pendelt, und dem Ex-Against-Me!- und aktuellen Slipknot-Schlagzeuger Jay Weinberg schafft es, die explosive Soundmixtur mit rhythmischem Feingefühl immer eine Armlänge von allzu stumpfem Gedresche fernzuhalten. Besonders deutlich wird das im letzten Song der Platte, dem getragenen „Streamlined“. Obwohl man Bolm spätestens jetzt seine Katharsis gönnen würde, lassen Hesitation Wounds den endgültigen Auf- und Ausbruch doch nur gegen eine Feedback-Wand fahren. Das lässt auf eine zweite Runde im Ring mit der eigenen Verzweiflung hoffen. Schlecht für die Band, ein regelrechter Gesundbrunnen für den Hardcore – und für den Hörer, der Substanz Zugänglichkeit vorzieht.

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