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    Deftones
    Koi No Yokan

    VÖ: 09.11.2012 | Label: Reprise/Warner
    Text:
    Platte des Monats
    Deftones - Koi No Yokan

    Auf Anhieb packend und mit der Zeit noch packender: Auf dem letzten Deftones-Album, das so gut war wie ihr siebtes, war kein weißer Totenkopf, keine weiße Frau, keine weiße Eule zu sehen. Sondern ein weißes Pferd.

    5 Minuten und 38 Sekunden lang ist „Rosemary“, der beste Song des neuen Deftones-Albums – dann wird er zu einem der besten Deftones-Songs aller Zeiten. 5 Minuten und 38 Sekunden lang kämpft sich „Rosemary“ erst durch eine Nebelwand aus Gitarrenechos, „Blade Runner“-Keyboards und hypnotisch-langsamem Gesang, geht dann über in
    einen schleppenden, schlecht gelaunten, feedback-durchsetzten Mittelteil und endet – nach einem kurzem Rückgriff auf das atmosphärische Intro-Motiv und Chino Morenos Schrei „We explode!“ – in tiefen, rohen, reinigenden Metal-Riffs. 5 Minuten und 38 Sekunden braucht „Rosemary“ für diesen wahnsinnigen Ritt durch Stile, Sounds und Stimmungen – dann zaubern die Deftones eine zerbrechliche, todtraurige Gitarrenmelodie aus dem Hut, unter die sich himmelweite Synthies legen. Nach fast sieben Minuten ist alles verweht.

    „Just stay with me“, sind die letzten Worte, die Moreno in „Rosemary“ über die Lippen bringt, und es ist müßig darüber zu spekulieren, ob sie an den ehemaligen Deftones-Bassisten Chi Cheng gerichtet sind, der seit seinem Autounfall vor vier Jahren im Koma liegt und vielleicht nie daraus erwachen wird. „Koi No Yokan“ ist das zweite Album, das die Deftones ohne ihn veröffentlichen – und es soll nicht pietätlos klingen, wenn wir feststellen, dass die Tragödie um Cheng der Band zumindest künstlerisch nichts anhaben konnte. „Just stay with me.“ Wie leicht machen es einem die Deftones aber auch immer wieder, bei ihnen zu bleiben, fast zwei Jahrzehnte nach der Erfindung des Etiketts „New Metal“, das den Deftones als vermeintlichen Mitbegründern des heute derangierten Genres schon damals nicht passte. Anfangs haben sie es widerwillig an sich kleben lassen, inzwischen hat man es ihnen freiwillig abgerissen. Richtig ist: Die Deftones spielen Metal, der sich nicht unmittelbar von den großen Heavyrock-Vorreitern der späten 60er und frühen 70er ableitet und dessen irgendwie sterile, irgendwie organische Klangästhetik ohne den technoiden Sound der 80er undenkbar wäre. Richtig ist aber auch: Sie spielen diesen Metal ganz alleine.

    Die Deftones bleiben auf „Koi No Yokan“ eine Klasse für sich. Sie haben das Wechselspiel von brutalem Slow-Motion-Metal und melancholischem Alternative Rock (den man nach heutigen Standards eigentlich Postrock nennen müsste) perfektioniert. Sie sind Meister der Dynamik und Dramaturgie, ohne je in den Verdacht zu kommen, es sich zu einfach zu machen, ihr eigenes Abziehbild zu werden. Es gibt keine Marotten auf „Koi No Yokan“, nicht im störrisch drauflos marschierenden Opener „Swerve City“, nicht in der Höllenfahrt mit Handclaps namens „Poltergeist“, nicht in „Tempest“, das mit seinem echolothaften Bass-Puls wie ein unbekanntes Stück von Morenos Nebenprojekt ††† beginnt und in einer Earth-mäßigen Drone-Orgie endet. „Koi No Yokan“ ist eine dieser Platten, die auf Anhieb fesseln, aber erst mit der Zeit ihre ganzen Geheimnisse preisgeben. (Oder habt ihr die Flüche in „Rosemary“ sofort gehört?) Die Deftones haben bisher kein schlechtes Album gemacht, aber dieses schließt nahtlos an ihr bestes an: Nach zwölf Jahren hat „White Pony“ einen legitimen Erben.

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