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    Biffy Clyro
    Opposites

    VÖ: 23.01.2013 | Label: Warner
    Text: Daniel Gerhardt
    Platte des Monats
    Biffy Clyro - Opposites

    Wer viel kann, kann auch viel falsch machen. Biffy Clyro aber tragen ihr Kreuz und bleiben die besten unter den Drahtseilläufern der Rockmusik.

    Die Situation von Biffy Clyro ist seit ihrem Majordebüt „Puzzle“ (2007) auf komfortable Weise kompliziert, die Anhängerschaft der Band in zwei Gruppen zerfallen. Es gibt die alten „Mon the biff“-Fans, die sich eine Rückkehr zu den kurvenreichen, dick aber trocken produzierten Songs ihrer ersten drei Alben wünschen. Und es gibt die 15.000 Leute, die in der Londoner Wembley Arena stehen, singen und umfallen, wenn ihnen Simon Neil halbnackt auf den Knien entgegenrutscht, während Luftballons von der Hallendecke regnen. Beide Lager mögen einander nicht besonders, weshalb es eine mutige Entscheidung von Biffy Clyro ist, „Opposites“ als eine Art Vermittlungsangebot an alte und aktuelle Fans zu veröffentlichen. Eine Seite des Doppelalbums, hieß es zunächst, sollte die Poptendenzen der Band weiter forcieren, die andere härter und abenteuerlustiger sein. Im schlimmsten Fall wäre am Ende also niemand zufrieden. Das wird nicht passieren, weil „Opposites“ zu gut dafür ist und den ursprünglichen Plan schnell über Bord wirft. Die Ausrichtungen der Albumseiten unterscheiden sich nicht frappierend, die zweite ist höchstens ein bisschen spielerischer, sogar alberner, wenn in „Spanish Radio“ ein gefühlter Gastauftritt von Mariachi El Bronx stattfindet und „Stingin‘ Belle“ sich das möglicherweise längste Dudelsack-Solo der Rockgeschichte genehmigt. Abgesehen davon ist „Opposites“ die Fortsetzung der Biffy-Clyro-Version von Stadionrock, die mit „Only Revolutions“ vor gut drei Jahren perfektioniert worden war. Alles klingt sehr produziert, manchmal auch zu sehr, nicht jeder der vielen For-the-Lads-Chöre wäre nötig gewesen. Ein Stück wie „Victory Over The Sun“ erhebt sich allerdings nirgendwo sonst so problemlos über seine Weltherrschafts- und Klischeestreicher-Absichten hinweg. Die letzte, meistens ungezügelte Minute ihrer Lieder bleibt Biffy Clyros große Stärke. Wenn sie mit „Pocket“ dann auch noch bessere Indiepop-Songs schreiben als die meisten Indiepop-Bands, ist das fast ein bisschen unfair. Der Songwriter Neil ist in seiner schwierigen Disziplin also längst an Matthew Bellamy, Brian Molko und den meisten anderen Verbiegungskünstlern vorbeigezogen. Er schreibt zugängliche, jederzeit hitfähige Songs, die sich in der Regel dramatisch zu Hymnen erheben, aber gelegentlich auch abstürzen können im schrägen Zwischenspiel der sonst sehr zuvorkommenden Single „Black Chandelier“ und der „Californication“-Reminiszenz von „Modern Magic Formula“. Biffy Clyros Bandbreite wird dabei immer größer: „Skylight“ ist Elektropop, der nicht zum Drumcomputer gezwungen werden muss, „Trumpet Or Trap“ ein ausgeleierter Blues. „Fog“ klingt bis zum Gitarrenfinale nach gehirngewaschener New-Age-Sektenmusik, und „Opposite“ überbietet das an „X-Factor“ verloren gegangene „Many Of Horror“ als neue Erkennungsballade der Band. Darüber hinaus wird keiner der 20 Songs verschenkt, alles erfüllt entweder bewährte Biffy-Standards oder erschließt lohnenswertes Neuland. Selbstverständlich ist das nicht – die Foo Fighters und Red Hot Chili Peppers können jeweils ein ganzes Doppelalbum davon singen.

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