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    Jim O'Rourke
    The Visitor

    VÖ: 08.09.2009 | Label: Drag City/Rough Trade
    Text:
    8 / 12

    Der Besucher ist gepflegt, kennt sich aus, parliert exquisit von Gott und der Welt.

    Höflich, korrekt, fast schon pedantisch. Er entspinnt einen akustischen Bilderbogen, auf dass sich jeder darin verirre. Um schließlich effektlos zu verschwinden. Vielleicht hatte Jim O’Rourke solch einen Menschen im Kopf, als er das monströse 38-minütige Stück ersann, das in Form des ersten offiziellen Studioalbums seit 2001 nun unter uns weilt. Oder er dachte an den „nice clean man“ aus A Hard Days Night, Pauls nett scheinenden Opa, der im Grunde seines Herzens verschlagen und unfreundlich ist. Denn auch so funktioniert „The Visitor“: als ein vordergründig harmonischer Song im Song im Song, der einem urplötzlich Angst zu machen beginnt. Weil in ihm so viele schiefe Ebenen untergebracht sind, die sich erst zeigen, wenn man genauer hinhört. Und schon ist es passiert.

    Da ist mehr als ein selbstvergessenes Gitarrenpicking, Klaviergeschmeichel, jazzig Anheimelndes. Hier lauern Dissonanzen, da wird aus einer Verbeugung vor dem Folk eines Bill Frissell im Hauch einer Sekunde eine subtile Ambient-Fläche wie bei Terre Thaemlitz. Keine Stimme ordnet dabei den Strom der Patterns, die sich mitunter zusammenhangslos abwechseln. Aufgrund seiner Discografie (zu der unter anderem das unhörbare Drone-Doppelalbum „Long Night“ gehört) und Stationen wie Sonic Youth und Gastr Del Sol sowie seiner tiefen Verbundenheit zu manischen Experimentalisten wie David Grubbs sollte jeder gewarnt sein. Nichts, was bei O’Rourke harmlos klingt, ist auch so gemeint. Und so kann einem „The Visitor“ auch einfach mal den Boden unter den Füßen klauen, bevor er sich aus dem Zimmer schleicht.