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    The Low Anthem
    Oh My God, Charlie Darwin

    VÖ: 28.08.2009 | Label: Bella Union
    Text: Daniel Gerhardt | Erschienen in: VISIONS Nr. 198
    Schönheit
    The Low Anthem - Oh My God, Charlie Darwin

    Tief unten im Wald, wo sich Fleet Foxes und Bon Iver gute Nacht sagen, finden auch The Low Anthem zu ihren Liedern. Hier aber werden Bäume nicht nur umarmt, sondern auch mal gefällt.

    Man könnte die Geschichte dieser Gruppe wie einen Witz erzählen – „Gründen zwei Evolutionstheoretiker und eine NASA-Technikerin eine Band“ –, und dann irgendeine schlechte Pointe dranhängen. Man sollte das aber nicht tun, denn es steckt große Ernsthaftigkeit in der Musik von The Low Anthem aus Providence/Rhode Island, Aufrichtigkeit auch, und außerdem ein Hang zu ambitionierten Themen, die sich nicht mal eben in einem Vier-Minuten-Popsong abhandeln lassen. Auf „Oh My God, Charlie Darwin“ gibt es deshalb liedübergreifende Geschichten – oder besser: die liedübergreifende Geschichte von Charles Darwin, seiner Einsamkeit und den Zweiflern und Selbstzweifeln, die ihn auf jeder Forschungsreise begleitet haben. „Who could heed the words of Charlie Darwin/ The lords of war just profit from decay“, singt Ben Knox Miller mit bergbachklarer Chorknabenstimme schon in der zweiten Strophe auf der dritten Platte seiner Band, und wenn solche Zeilen heute noch genauso aktuell sind wie im 19. Jahrhundert, kann es so gut natürlich nicht bestellt sein um die Evolution.

    The Low Anthem werden deshalb aber nicht zu streng verbitterten Protestsängern. Die richtigen Platten von Neil Young und Bruce Springsteen haben sie zwar gehört, doch hinter der sehr filigranen Zerbrechlichkeit ihres Albumauftakts wartet eine Band in der Band, die selbst ohne die entsprechenden Wurzeln jeden Irish Pub in Grund und Boden spielen könnte. „The Horizon Is A Beltway“ prescht da nicht nur voraus, weil Knox Miller plötzlich singt wie der Whiskeyvorkoster von Joe Cocker – es ist der mitreißendste Song auf einer Platte, die sehr mitreißend sein kann und sich deshalb nicht mal an ihrer Schunkelbankversion von Tom Waits‚ „Home I’ll Never Be“ verhebt. Zwischendurch finden The Low Anthem aber immer wieder zu ihrer ursprünglichen Besinnlichkeit zurück: Im Veranda-Gospel von „OMGCD“ setzen sie dem Titelhelden des Albums ein zweites Denkmal, und mit der Reprise zu „To Ohio“ drängen sie sich endgültig und so eindringlich als neue Maßgeber in allen Angelegenheiten der sakralen Folkmusik auf, dass man ganz vergisst, weiter auf eine neue Mojave-3-Platte zu warten. Noch so eine Stärke von The Low Anthem: Wenn sie singen und die Töne in der Luft nachschwingen, dann wird tatsächlich alles andere ein wenig weniger wichtig.

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