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    Franz Ferdinand
    Tonight: Franz Ferdinand

    VÖ: 23.01.2009 | Label: Domino
    Text:
    Franz Ferdinand - Tonight: Franz Ferdinand

    Es hat nicht viel gefehlt, und Franz Ferdinand hätten in einem Anflug von übergroßer Cleverness ihr Banddasein gegen Projektidentität eingetauscht. Dreieinhalb Jahre sind seit „You Could Have It So Much Better“ vergangen, das ist eine Menge.

    Die vier haben es auf dem Weg zum dritten Album für ein paar Sessions mit dem Massenpop-Produzententeam Xenomania (verantwortlich für Sugababes oder Girls Aloud) versucht. Ziel war es, die cleverste Popplatte aller Zeiten aufzunehmen, doch hat man schließlich erkannt, dass Franz Ferdinand noch immer und vor allem eine Rockband sind und kein Kandidat für intellektuell motivierte Projekte. So steht am Anfang von „Tonight: Franz Ferdinand“ eine vertrauensbildende Maßnahme: Die ersten drei Stücke klingen wie Franz Ferdinand by numbers: an Disco geschulter Indierock mit unbedingt eingängigen Refrains fürs gemeinsame Klatschen, Singen, Tanzen. Wobei den Songs die Lust am Feuerwerk fehlt, die ein Song wie „Matinee“ noch immer rüberbringt, wenn man ihn mal wieder hören darf. Fast befürchtet man, die vielen Überlegungen hätten das Feuer gelöscht, dann wird es spannend – und es folgen Schlag auf Schlag fünf der besten Songs der Bandkarriere: „Twilight Omens“ ginge mit seiner meisterhaft verschachtelten Harmonik und subtiler Sexiness ohne Probleme als Roxy-Music-Klassiker durch; „Send Him Away“ klingt, als würden The Coral und Vampire Weekend gemeinsam in Lagos spielen – und Damon Albarn dirigiert. „Bite Hard“ versöhnt die Beatles mit T.Rex; „What She Came For“ beginnt als stampfender 70s-Glam-Pop im Stil von „Do Ya Think I’m Sexy“ und endet in der Punkrock-Garage; „Live Alone“ lehnt sich mit pumpender Basslinie und melancholischer Melodie an klassischen Discopop an – „Auf Achse“ hatte damals ähnliche Klasse. In dieser grandiosen Viertelstunde zeigt die Band, wie elegant, lebendig und modern clever konstruierter Pop klingen kann, wenn das Fundament da ist: ein guter Song – und die Lust, ihn zu formen, ohne ihm die Seele zu entreißen. „Lucid Dreams“ dagegen, das fast achtminütige Schwergewicht, scheitert: Das im Vorfeld (vor allem von der Band) ins Zentrum gestellte Stück ist nicht mehr als eine überlange, sperrige elektronische Spielerei, eine moderne Variante eines Bandjams: „Seht her, was wir alles können.“ Die letzten Minuten von „Tonight: Franz Ferdinand“ gehören schließlich zwei Ballanden, ganz am Ende klopft Kapranos aufs Holz seiner Akustischen, was wie eine spontane Einlage klingen soll, ganz sicher aber wohlüberlegt ist. Franz Ferdinand wären um ein Haar der Versuchung erlegen, sich als totales Kunstobjekt der Popkultur zu positionieren. Wie böse das hätte ausgehen können, belegen die schwachen Momente der Platte. Wie gut es ist, dass Franz Ferdinand eine Band geblieben sind, beweist der Rest.

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