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    Sigur Rós
    Takk...

    VÖ: 12.09.2005 | Label: EMI
    Text: Oliver Uschmann
    Platte des Monats
    Sigur Rós - Takk...

    Schon bei „Glósóli“ überraschen Sigur Rós mit einem geradlinigen Herzrhythmus und einem Crescendo, das man fast Noise nennen darf. Und gibt die Richtung vor: Näher am Songformat und doch immer noch traumhaft fern.

    Perkussion bei Sigur Rós? Laut/Leise-Dynamik? Oh ja! „Takk…“ arbeitet durchgängig dynamischer als der flächige, fließende Vorgänger, in dem man grenzenlos aufgehen konnte. Immer wieder ertappt man sich überraschend selbst beim Taktklopfen und Kopfwippen. Da, wo sie eine federleichte Variante von Drum’n’Bass unterlegen („Gong“) genau wie da, wo der Beat nur Piano und Glockenspiel braucht, um seinen roten Faden durch den Raum zu ziehen und bereits lautlos zu rocken, bevor das Schlagzeug und die sachte Wall Of Sound überhaupt einsetzen („Sæglópur“). Dabei kann man nicht sagen, dass die Platte sich immer wieder zu Lautstärke aufschwingt, es sei denn, man kann sich diesen Schwung in Zeitlupe vorstellen, als sachtes, langsames Ansteigen.

    In ihrer Makrostruktur wirkt diese Musik wie ein akustisches Atmen oder ein Wechsel der Gezeiten, eine Tageslichtvariante von Drone- und Doom-Ästhetik. Auf der Mikroebene glitzern Popsongs im weitläufigen Geflecht, ohne dass sie ausformuliert würden. An manchen Stellen setzt man selber mit Gesang ein und ertappt sich dabei, eine Melodie weiterzuführen, die gar nicht da ist und dabei unwillkürlich zu beschleunigen, während die Band in aller Ruhe zurückbleibt. Konventionelle Songstrukturen aus Strophe-Refrain-Strophe erscheinen als Gipfel der Entfremdung im Vergleich zu dieser Ästhetik, die mit ihrer lautmalerisch eingebetteten Sprache der philosophischen Idee entspricht, dass Musik uns dem Ursprung aller Dinge besser näher bringen kann als Begrifflichkeit und Ratio. Man muss kein Esoteriker sein, um das zu spüren. Dieser Klang spricht unmittelbar das Emotionszentrum an, scheint immer von den letzten Fragen zu handeln und treibt einem die Tränen in die Augen: Bis urplötzlich ein Blasorchester durch die metaphysische Ergriffenheit trampelt und mit Schunkelrhythmus belegt, dass der Humor dieser vier Ausnahmekünstler gelinde unterschätzt wird.

    Noch mal zurück zum Rhythmus: Das Video zu „Glósóli“ beginnt mit einem Stiefel, der den Takt mitwippt. Der Stiefel gehört einem jungen (Blech-?)Trommler, der nach und nach eine Gruppe junger Menschen um sich versammelt und durch dunkles, unwegsames Gelände ans Ende der Welt führt – eine Klippe, hinter der sie den Sonnenaufgang finden, passgenau zum euphorischen Crescendo loslaufen, sich von der Kante stürzen und fliegend in den Himmel abheben. Das ist die eine, die schamlos transzendental-pathetische Seite einer Band, die andererseits so irdisch musiziert wie nie zuvor. Allerdings: Ohne Kopfhörer benötigen viele Stücke immer noch 90 Sekunden, bis sie überhaupt bemerkbar werden. Das ist die gesamte Länge, die heute noch ein Wortbeitrag im Radio besitzen darf, weil „die Menschen“ angeblich eine so kurze Aufmerksamkeitsspanne haben. Beweisen wir das Gegenteil!

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