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Festival-Tagebuch: Apologies, I Have None und The Smith Street Band über das Deichbrand 2016

Festival-Tagebuch: Apologies, I Have None und The Smith Street Band über das Deichbrand 2016
Ende Juli feierten beim Deichbrand Festival bei Cuxhaven zahllose Bands mit ihren Fans unter der norddeutschen Sonne – darunter Apologies, I Have None und The Smith Street Band, die nun in exklusiven Tagebüchern für VISIONS von ihren Erlebnissen beim Deichbrand berichten.
Apologies

Apologies, I Have None und The Smith Street Band waren nicht nur auf dem Deichbrand, um den Besuchern am Freitag, beziehungsweise Samstag einzuheizen, sondern auch, um für VISIONS ihr Eindrücke vom Open Air in Norddeutschland in einem Festival-Tagebuch zu schildern. Während die einen einen Tag voller Überraschungen erlebten, bot für die anderen das Festival eine gute Gelegenheit, alte Freunde wiederzusehen.

22. Juli: Apologies, I Have None

„Ich bin am Morgen des Deichbrand-Festivals aufgewacht, als ein Mann aus Texas „Mögt ihr Jungs es scharf?“ durch den Flur des Apartments schrie, in dem wir übernachteten. „Zum Teufel, ja!“, hörte ich mich selber krächzen. „Gut, gut, meine kleinen, scharfen Jungs“, kam die Antwort. Der Texaner sprach übers Frühstück: Rührei mit Speck, Käse, Jalapenos, Frühlingszwiebeln, Kräuter und Trüffel-Öl gewickelt in Fajitas und bedeckt mit hausgemachter Salsa aus den Kühlschrank-Resten. Es war die erste Überraschung eines Tages voller Überraschungen.

Der Tag zuvor war eine lange Plackerei. Wir waren fast 40 Stunden wach und fuhren von London nach Bochum, um eine Live-Session zu machen und dann weiter nach Hannover. Mein Körper fühlte sich komisch an, als ob er nicht verstehen würde was es heißt sich auszuruhen. Gemischt mit einem heftigen Kater vom deutschen Bier und der verrückten Hochsommer-Hitze fühlte ich mich wie das Innere eines warmen Katheters.

Ich aß trotzdem ziemlich viel, das Essen war zu gut um es nicht zu tun. Ich trank etwas Kaffee, rauchte eine Zigarette und begann, mit der Realität wieder auf einen Kurs zu kommen. Wir mussten uns von unserem wundervollen texanischen Gastgeber verabschieden und starteten unsere Reise zum Deichbrand am frühen Nachmittag. Die Fahrt dahin dauerte zwar nur ein paar Stunden, aber es war ein heißer, stickiger Sommertag, weshalb sich der Van in eine unerträglichen Schwitzkasten verwandelte, gefüllt mit dem ekelhaften Gestank von vier schwitzenden Männer in dreckigen Klamotten, umgeben von ihrem ganzen Müll, der um ihnen herum verfaulte. Nur ein weiteres Beispiel dafür, warum mit einer Band auf Tour zu sein eine sexy Erfahrung ist, die ich jedem empfehle, der nach Zersetzung riechen möchte.

Am frühen Nachmittag erreichten wir dann das Deichbrand und fuhren über sich windende Seitenstraßen bis wir einen Eingang fanden, der von idyllischen, ländlichen Häusern und einem riesigen Flugfeld eingerahmt war. Beinahe hatte ich den Van gecrasht, als ich ein riesiges Flugzeug anstarrte, dass am Eingang des Flugfeldes stand und dabei fast eine rote Ampel überfuhr. Wenn du jemanden die Möglichkeit gibst, entweder ein riesiges Flugzeug oder eine Ampel anzugucken, werden er oder sie sich jedesmal für das Flugzeug entscheiden. Das ist eines der wenigen Dinge, das uns als Menschen eint.

Innerhalb der Festival-Mauern rollten riesige Traktoren herum und zogen mächtige Güllefässer hinter sich her, während vom Inneren der zentralen Area pochender deutscher HipHop rüber schallte. Wir sollten um 22 Uhr 30 spielen, also hatten wir ein paar Stunden totzuschlagen bevor wir irgendwas arbeitsmäßiges tun mussten. Wir liefen von unserer Bühne aus über das Hauptfestivalgelände zum putzig benannten „Artists Village“. Unser angenehm großer Umkleideraum war gefüllt mit Bier, Gin und glücklicherweise einer Klimaanlage.

Nach ein paar Bieren checkte ich ein wenig Fuck Art, Let’s Dance aus, die ich vor ein paar Monaten in London gesehen hatte und mit deren Tourmanager ich befreundet bin. Sie waren gut, ein gesamtes Indie-Pop-Disco-Ding das da abging und ziemlich gut gemacht war. Ansonsten war ich ziemlich unwissend, was einen Großteil des Line-ups anging. Das meiste schien entweder akustischer Folk-Rock oder deutscher HipHop zu sein, zwei Genres denen ich nichts wirklich abgewinnen konnte. Ich hab mir zwei Clowns mit akustischen Gitarren angeguckt, die auf einer der größeren Bühnen gespielt haben, teilweise rappten und dann aus dem Nichts ein „Wonderwall“-Cover spielten. Vielleicht war der Witz an mir vorbeigegangen. Das beste musikalische Ding, das ich gesehen hatte, war eine Brass-Band, die die „Ghostbusters“-Titelmelodie spielte, während sie auf einem Balkon eines riesigen hölzernen Hirsches standen, der Feuer aus seinem Geweih spie. Das war ziemlich cool.

Als unser Auftritt näher rückte, freute ich mich darauf, nachts auf einer Open-Air-Bühne zu spielen. Normalerweise spielen wir recht früh am Tag wenn es noch hell ist und es fühlt sich immer komisch an, recht depressive Songs im strahlenden Sonnenlicht zu spielen. Wir fuhren unseren Van ran, luden unsere Sachen aus und warteten darauf, dass die andere Band fertig wurde. Offenbar musste die Band vor uns aber zuerst ihre Lichtshow abbauen, was 15 Minuten dauerte. Als wir dann endlich auf die Bühne konnten, waren wir dann unter Zeitdruck. Wir schlossen alles an, aber irgendwas schien mit dem Bühnen-Set-up nicht zu stimmen. Aus dem Publikum schrien uns Leute an, das wir uns beeilen sollen. Eine doofe Situation, wenn Schlagzeug, Gitarre und alles andere aufgebaut sind und es so aussieht als wäre man startklar, man aber nicht kann, weil wenn der Schlagzeuger die Gitarre nicht hört, gibt es keine Show. Irgendwann bekamen wir es hin, dass die Sachen genug funktionierten, damit wir endlich spielen konnten.

Nach all dem hatten wir glücklicherweise eine gute Zeit als wir auf der Bühne standen und spielten. Die Menge schien, als würde sie die neuen Songs genießen und es waren deutlich mehr Leute da als ich mir vorgestellt hatte. Es war eine verdammt gute Zeit. Als wir dann fertig waren und unsere Sachen zusammengepackt hatten, gingen wir zurück zur Artist-Area, um uns für ein paar Stunden wegzuballern. Irgendein überragendes Genie hatte sich dazu entschlossen, einen Whirlpool samt eigener Laser-Show im Backstage-Bereich aufzubauen. Wie es aussah konnte man sich im Produktions-Büro sogar Badehosen leihen, was sich für mich als die einzige Möglichkeit offenbarte, sich wie ein wild-ausschweifender 80er-Jahre-Rockstar zu verhalten. Also schnappte ich mir ein Paar und ging rüber. Wir saßen etwa zwei Stunden im Whirlpool, lebten all unsere Nikki-Sixx-Fantasien aus und tranken Rotwein und Bier, die sich mit dem Pool-Wasser vermischten.

Gegen 2 Uhr 30 dämmerte uns plötzlich, dass die Realität kein Guns N‘ Roses-Musikvideo ist. Wir trockneten uns ab und trotteten zurück zum Van und fuhren drei Stunden lang nach Hamburg, wo wir übernachteten. Ich saß die ganze Fahrt über vorne mit Simon und fühlte mich natürlicher in unserem stinkenden, beschissenen Van, als in einem Backstage-Whirlpool. Um 5:30 kamen wir an, wankten zum Apartment unseres Kumpels und schliefen sofort ein.“

Fotogallerie: Deichbrand-Freitag – Apologies, I Have None

23. Juli: The Smith Street Band

„An einem glühend heißen Sonntagnachmittag machten wir uns auf den Weg vom Rostock Rockt Festival über gewundene Autobahnen und Gassen hin zum letzten Tag des Deichbrand Festivals nahe dem wunderschönen Cuxhaven. Mit der 850sten Wiederholung von Blink-182s „California“ in den Ohren und wunden Daumen von all den Pokémon die wir gefangen hatten, luden wir unsere Ausrüstung aus unserem schlammigen Van auf den staubigen Boden. Nach einigem klassischen Festival-Geraffel (‚Das ist nicht euer Umkleideraum, euer ist hinter einer anderen Bühne‘, ‚Das ist nicht euer Drumriser‘, ‚Ja, ich kann euch etwas Weed besorgen‘) schlugen wir in der gleißenden Sonne unser Zelt auf und machten unsere ganzen Pre-Show-Erledigungen. Gitarren wurden neu gestimmt, die Trommeln haben neue Felle bekommen und unsere Lebern wurden rehydriert, als wir auf unsere neueste Möglichkeit warteten, auf einem weiteren deutschen Feld zu Brüllen. Ich nutzte eine Chance, das riesige Festivalgelände zu erkunden und ging im Hangover-Nebel an Bands und Volleyball-Spielen vorbei. Ich war überglücklich beim Catering anzukommen und einen Barista Kaffee machen und einen Whirlpool zu sehen! Ungeachtet meines beschämenden Unwissens über Punk, war ich dennoch verzückt mir Millencolin anzusehen, wie sie den Song aus „Tony Hawk’s Pro Skater 2“ und einige andere Hits auf der Hauptbühne spielten. Danach ging ich zurück zu unserer Bühne und sah etwas von John Coffeys energetischer und charismatischer Version von heftigem Punkrock. Ich hatte es mir bis dahin noch nicht angesehen, aber das virale Video vom Sänger, der während eines Crowdwalks ein Bier fing, war seeeeeehr beeindruckend!

Es ist immer komisch, am letzten Tag eines Festivals aufzutauchen. Es fühlt sich an, als würde man zu spät zur Party kommen. Alle hatten schon ihre Drogen genommen und eine Menge Bands gesehen. Die einzigen Leute die immer noch stehen, sind entweder unglaublich abgefuckt oder unglaublich verkatert, also ist es immer ein kleiner Kampf, dass die Leute ihre Beine schwingen und zu tanzen beginnen! Aber eine der besten Sachen daran, auf Festivals zu spielen, ist, sich mit alten Freunden zu treffen, und bevor wir spielten, stattete der Meister persönlich, Joey Cape von Lagwagon, uns einen Besuch ab. Wir sind vor Ewigkeiten gemeinsam durch Australien getourt und sind befreundet geblieben. Es ist immer großartig ihn zu sehen, wir unterhielten uns über Quatsch während unsere Bühne aufgebaut wurde und dann war Showtime. Die Sonne war etwas gesunken und wir näherten uns dem Ende eines langen Nachmittags. Unser großes lilafarbenes Zelt füllte sich langsam mit einem stetigen Rinnsal von Menschen und wir gingen auf die Bühne! Nach ein paar Songs ging einer von den Security-Leuten hinaus in die Menge und kam mit einer handvoll Kids an, ein Mädchen trug voll Stolz eine Art Pony-Am-Stock-Spielzeug! Die Kids tanzten zwischen der Bühne und der Barriere, es war schön und surreal und definitiv das Highlight des Sets.

Das Beste daran, in einer Band zu sein, sind die kleinen verrückten Dinge, mit denen dich das Leben auf der Straße bewirft. Manchmal sind diese Dinge nicht schön: Bei dem Haus, wo wir alle sieben schlafen, anzukommen und einen kleinen Raum mit einer Matratze auf dem Boden vorzufinden, oder über Nacht in einem überfüllten Van zu fahren, um in einem kleinen, stickigen Club zu spielen. Aber manchmal sind diese Dinge die besten: Kids die auf einem Festival tanzen, in einem schweizerischen Fluss zu schwimmen oder Leute mit Smith-Street-Band-Tattoos am anderen Ende der Welt zu treffen! Nach dem Set packten wir zusammen und tranken ein paar Bier während wir durchatmeten, unglücklicherweise mussten wir direkt nach dem Set wieder los, weil wir eine lange Fahrt nach Tschechien am nächsten Tag vor uns hatten. Wir schnappten uns in letzter Minute einen kleinen Happen beim Catering (Obwohl es schon geschlossen hatte! Danke Sabi!) und nahmen den restlichen Schnaps mit zum Van. Auch wenn es nur kurz war, die paar Stunden die wir auf dem Deichbrand verbrachten haben sehr viel Spaß gemacht! Es ist ein großartiges Festival, das ich jedem empfehlen kann! Ich hoffe wir dürfen noch mal wiederkommen! Cheers!“

Fotogallerie: Deichbrand-Samstag – The Smith Street Band