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Echo 2015: VISIONS war dabei

Echo 2015: VISIONS war dabei
Besuch in einer anderen Welt: VISIONS wurde von König Pilsener zum Echo 2015 eingeladen – und die Chance, Zaungast des selbstbeweihräuchernden Pop-Biz zu sein, wollten wir uns nicht nehmen lassen. Wie erwartet war es zahm bis öde. Unser Resümee.

Was muss das für ein Stress gewesen sein, an allen Stellen des Echo 2015 den Namen eines der Hauptsponsoren so kurz vor der Veranstaltung entfernen zu lassen. Aber es ist eben eine schwarze Woche für Germanwings. Und so beginnt die Show mit einer Schweigeminute für die Opfer des verunglückten Fluges 4U9525, eingeläutet von etwas Saitenstreichelei von Geigerin Lindsey Stirling.

Sie wird etwa zwei Stunden später selbst einen Echo gewinnen – in der Kategorie „Crossover“. Was im Kontext von VISIONS schon immer für die Kombination von Rap und Rock (plus X) steht, bedeutet beim Musikpreis der Deutschen Phono-Akademie und des Kulturinstituts des Bundesverbandes Musikindustrie, dass es auch ein Sammelbecken für fragwürdige musikalische Ergüsse aller Art geben muss.

Crossover bedeutet hier also: der Dauer-Smash-Hit Gregorianischer Chöre, der eingepoppte Tenöre-Dünnpfiff Adoro, der Pillenschmeißer-Chill-out-Kuscheltechno von Schiller, der eingestaubte A-capella-Pop von Wise Guys und eben Lindsey Stirling. Die spielt Geige und klatscht Dubstep drunter – wahnsinnig wegweisend und circa zwei Jahre nachdem verzerrt-bratzige Dub-Frequenzen längst in der Mitte der Gesellschaft verankert sind und eigentlich bereits auf dem Friedhof der Popkultur beerdigt wurden.

Damit sind die musikalischen Novitäten abgesteckt und abgehakt bei der 24. Echo-Verleihung. Vor allem besinnt man sich auf das, was man hat – oder im Fall von Udo Jürgens eben nicht mehr. Herbert Grönemeyer erdet mit seiner launigen Art die Verleihung punktuell, obwohl sein Auftritt mit Jazztanz-AG-Flair dann doch unfreiwillig komisch wirkt. Udo Lindenberg ist der Ersatz-Udo für all diejenigen, die den Piano-Playboy vermissen – und bekommt den Preis für soziales Engagement. Was natürlich mit einer Lindenberg-Rede aus niedlichem Stuss und debilem Quatsch verbunden ist. Und als die Aufnahmeleiter langsam ins Schwitzen geraten, trägt eine stocksteife, zum Lächeln anscheinend nicht fähige Nana Mouskouri Auszüge aus ihrer Vita vor, die spritziger kaum sein könnten.

Überraschungen? Gab es nicht. Helene Fischer gewinnt immer, also vier Mal, und Schlager-Unterwäschemodel Andrea Berg kocht innerlich wahrscheinlich ein Süppchen aus Hass. Fischer gewinnt auch den Preis für die spitzenmäßigste Musik-DVD – und wir müssen den nicht klüger werdenden Veranstaltern wohl dafür danken, dass sie a) darauf verzichten, alle fünf Nominierten, also auch jene unsympathische Skandal-Band der vergangenen Jahre, zu zeigen und b) uns wohl sehr darüber freuen, dass es nur Fischer ist, die hier gewinnt.

Kaum verwunderlich ist bei der Preisverleihung, die sich am Ende vor allem auf Verkaufszahlen stützt, dass die Beteiligung VISIONS-relevanter Künstler mager ist. Immerhin darf Goldbärchen Thomas Gottschalk via Video einen Preis an AC/DC verleihen, Pink Floyds Schlagzeuger Nick Mason nimmt den Preis für „Band Rock/Pop international“ entgegen, die Foo Fighters, Slipknot, Kraftklub – die auch dieses Jahr die Veranstaltung wegen der Nominierung oben erwähnter Südtiroler fernbleiben – und Beatsteaks verkommen leider zu Fußnoten und der Auftritt von Deichkind („Refugees Welcome“!) ist wesentlich zahmer als erwartet.

Ein kleiner Lichtblick ist Singer/Songwriter James Bay, dessen Song „Hold Back The River“ tatsächlich live vorgestragen wird und der mit diesem Coldplay-meets-Indie-Songwriter-Hit dem ganzen Blendwerk ein geerdetes Momentchen entgegensetzt. Und man muss es Barbara Schöneberger lassen, aber: Sie führt souverän durch die Show und spart auch nicht mit treffenden Selbstbeobachtungen: „Ich sehe aus wie Catwoman meets Dolly Parton“. Jepp, stimmt.

Schon vor der Show hatten wir auf Instagram, Facebook und Twitter von der Veranstaltung berichtet, und mit Beginn der Show dann unseren Live-Ticker ganz auf Facebook verlegt.

Dort fielen übrigens auch die Fans der oben angedeuteten fragwürdigen Deutschrock-Band unangenehm auf: Zahlreiche Posts auf der offiziellen Echo-Facebookseite fluteten sie mit Beschimpfungen, Zensur-Vorwürfen und Verschwörungstheorien – für die Zukunft müssen die Echo-Macher endlich einen souveränen Umgang mit den dumpfen Rechtsrockern finden.